Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit | |
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Schweigend drückte sich die Bande beiseite. Die Sakristeitür schloß sich hinter dem letzten Mann.
Einen Augenblick herrschte Totenstille.
„Kommen Sie, Herr Pastor. Weg frei, ihr Leute!“ Und unter der Bedeckung der Barone schritt der Pastor in den Mittelgang.
„Ich dank’ Euch, alter Krimpe; ich dank’ euch, ihr Frauen!“ sprach er. „Gott lohne euch eure Treue!“
Erhobenen Hauptes, mit seltsam glänzenden Augen trat Robert Berger ins Freie.
Ein schneidender Windstoß fuhr ihm entgegen, es war ein böses Wetter geworden.
Scheu wichen die Leute zur Seite. „Da fahren sie hin!“ sagte ein alter Bauer und wies auf den Weg.
Acht Radfahrer – der vorderste schwenkte einen roten Sack wie eine Fahne vor sich her – sausten an dem Kirchenkruge vorüber die Landstraße entlang.
„Daß wir sie entkommen ließen, die Halunken!“ murmelte Baron Osterloh zwischen den Zähnen.
Da stieg der alte Rausuppensche auf einen Prellstein und rief: „Ihr Leute von Kronenthal! Hört mich! Eine Schmach ist heute eurer Kirche angetan, eine Schmach eurem Seelsorger, der seit zehn Jahren wie ein Freund zu euch gewesen ist. Wollt ihr diese Schmach auf euch sitzen lassen? Seht,“ – mit einer
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/86&oldid=- (Version vom 1.8.2018)