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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Ein stummes Ringen begann. Ernst Philippi stürzte sich geschmeidig wie eine Katze von rückwärts auf den Anführer und hing sich an seinen Kragen fest, der alte Krimpe packte den Riesen bei den Schultern und hielt sie wie mit eisernen Schrauben umklammert. Seine Söhne und die Schar der Weiber warfen sich den übrigen Aufrührern entgegen.

Kreischend drängte die Masse der Ausgangstür zu.

„Feiglinge!“ ertönte die gewaltige Stimme des Rausuppenschen Barons „Steht! Verlaßt ihr so euren Pastor in der Not?“

„So seid ihr auch hier, ihr deutschen Barone? Landaussauger! Leuteschinder! Deutsche Hunde!“ brüllte der Riese und schlug schäumend vor Wut um sich. Ins Gesicht getroffen sank der alte Krimpe nieder.

„Ruhe im Hause Gottes!“ hallte groß und feierlich die Stimme Bergers. „Schieß, wenn du kannst!“ Er sah die Mündung einer Pistole vor sich schwanken.

Sechs blanke Revolver hoben sich gleichzeitig gegen den Anführer.

„Wag’ es, und du bist ein toter Mann! Nieder mit der Waffe!“ donnerte der Rausuppensche.

Ein feiges Flirren in den Augen des Bandenführers – die Waffe senkte sich.

„Hinaus dort durch die Sakristei!“ kommandierte der alte Baron. Die sechs Revolver folgten drohend und unerbittlich den Bewegungen der Aufrührer.

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/85&oldid=- (Version vom 31.7.2018)