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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Sie lächelte und lehnte sich in den Wagen zurück. Sie war sehr bleich. Leise stahl sie ihre Hand in die seine und drückte sie.

Hastig und schnell atmend sprach sie weiter: „Sollte es jemals – anders zwischen uns werden, so – das sollen Sie ein für allemal wissen – so habe ich Ihnen nichts zu vergeben. Wir gehen dann still und einfach ohne Brücken auseinander, wie wir zusammengekommen sind. Versprechen Sie mir das?“

Er preßte die kleinen warmen Hände immer wieder an seine Lippen. „Und das Stübchen im Katharineninstitut?“ fragte er mit einem jähen Umschwung seiner Stimmung und lächelte übermütig.

Sie schüttelte langsam den Kopf. „Das mag ruhig auf mich warten,“ sagte sie, „vielleicht lande ich doch noch einmal in seinem sichern Altjungfernheim.“

„Jetzt muß ich noch etwas sagen,“ murmelte Ernst Philippi, „sonst wird mir nicht ganz wohl.“

„Was denn?“

„Geliebte ... ich liebe dich!“ flüsterte er.

„Sst!“ machte sie und legte ihm zwei Finger auf den Mund. „Wir sprechen vorderhand nicht mehr davon.“

Ein hoher ernster Föhrenwald schlug über den Reisenden zusammen. Weich und warm duftere ihnen die würzige Waldluft entgegen. Es war dunkel, und nur ein Streif des besternten Nachthimmels zwischen den stolzen Bäumen folgte den Windungen

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/39&oldid=- (Version vom 31.7.2018)