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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Gott, wie schnell ist das gekommen! Das ist meine ehrliche Antwort, aber ich bitte, sprechen Sie mir nicht mehr davon, bis ... bis ... Ich gehe einem neuen schweren Beruf entgegen, und ich muß meine ganze Kraft zusammenhalten.“

„Claire!“ rief er in ehrlicher Bewunderung, „Sie sind ein herrliches Mädchen!“

„Ich bin nüchtern und vernünftig,“ erwiderte sie, „so werden wir Gouvernanten.“

Nun beugte er sich wieder über ihre Hand und küßte sie. „Mein tapferer Freund!“ sagte er leise. „Dank! Dank!“

Sie saßen in wortlosem seligem Schweigen. Das Glück war ihnen beiden zu groß und plötzlich gekommen, und sie waren des Glücks nicht gewöhnt. Wie ein stilles, unberührtes Wasserbecken, in das sich plötzlich eine Sturzwelle ergossen hat, Zeit braucht, um die wirbelnden Wasser entströmen zu lassen und zu seiner ursprünglichen Klarheit und Stille zu kommen, so mußten diese beiden Seelen, die sich bis auf den Grund erschüttert fühlten, harren, schweigen und sich klären.

Nach einer langen Pause fragte er: „Was war Ihnen heute, Claire, als ich sagte, daß Ehrlichsein zu den Selbstverständlichkeiten eines anständigen Menschen gehöre? Sie wurden plötzlich kalt und fremd gegen mich.“

„Was mir war?“ fragte sie mit verändertem Ton. „Muß ich Ihnen das sagen?“

„Nur, wenn Sie wollen, Claire.“

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/37&oldid=- (Version vom 31.7.2018)