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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Die folgenden Tage brachten klares Frostwetter. Eine dünne harte Eisdecke hatte sich über den angeschwollenen Fluß gelegt, als sei er ihr zu rebellisch geworden, und als müsse sie ihn in strenge Haft nehmen.

Die aufgeweichten Wege waren hart und starr. In den ausgefahrenen Wagenspuren knisterte bröckliges Eis. Polternd dröhnte jedes Gefährt über die Landstraße. Und über den hartgefrorenen Weg dröhnten diesmal wuchtige, taktfeste Schritte – eine Ab­teilung Dragoner. Der kommandierende Offizier nahm Quartier in dem verwaisten Schloß derer von Wolfshausen.

Furcht und Zittern ergriff die Gemeinde. War die Stunde der Vergeltung schon da, ehe die Herrenhäuser in Flammen standen? Der Tag war gekommen, den viele als die Stunde der Befreiung kaum erwarten konnten. Die Herrenhäuser und das Schloß von Wolfshausen aber standen fest und sicher da, und nur der junge Besitzer ruhte allzufrüh in seinem stillen Grabe.

Es wurden Haussuchungen vorgenommen. Der Dumpje-Wirt war in Haft gesetzt worden. Allüberall herrschte eine dumpfe gedrückte Stimmung. Nächtliche Streifzüge der Dragoner ver­mehrten die Unruhe. Ein Versuch, den Viehstall eines Nachbargutes in Brand zu stecken, war rechtzeitig vereitelt worden. Hier und da flammten einige Scheunen auf, doch war der Schaden nicht so erheblich, und die Wachsamkeit der Dragoner wurde verschärft.

Die Erbitterung in der Gemeinde stieg. Überall finstere,

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/273&oldid=- (Version vom 31.7.2018)