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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Bald war sie wieder am Fluß. Die dunkle Flut rauschte an ihr vorüber, schnell, wie schnell – es war, als ob sie zu einem Wettlauf einlade. Und Darthe ging schnell, viel schneller, als sie gekommen war. Eine weiche, nebelige Dämmerung senkte sich leise, leise herab. An den rinnenden Zweigen der Weidenbüsche, die sich über das fließende Wasser beugten, schien die Dunkelheit grau hinunter zu schleichen. Auf einem abseits liegenden Gehöft schlug ein Hund an, das gedämpfte Brüllen einer Kuh wurde hörbar, – sonst Stille. Dunkler ward es und dunkler, schwarz drängten sich die Wacholder- und Weidenbüsche zusammen, der Fluß rauschte lauter und vernehmlicher, der Regen strömte, und am dunklen Himmel jagten unruhige zerrissene Wolken.

Tapfer und stetig schritt das Mädchen durch die dunkle Herbstnacht.- -

Zu Hause lagen Vater und Mutter in tiefem Schlummer.

Darthe schlief bis in den Tag hinein den traumlosen Schlaf eines glücklichen erschöpften Kindes.

Um die Mittagszeit, früher als gewöhnlich, kam Mutter Greetsche heim und warf einen fragenden Blick auf ihre Tochter.

Darthe saß über ihrer gewohnten Näharbeit und rührte sich nicht.

Aufgeregt ging Mutter Greetsche hin und her, nahm die Suppe vom Herd und schöpfte saure Grütze aus dem Kübel in eine Tonschüssel.

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/257&oldid=- (Version vom 31.7.2018)