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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

– und Baron Wolf war froh, sie zu seiner Baronin zu machen. Nein, geldgierig war sie nicht – sie war gütig und gerecht und ehrlich, – aber sie war einmal eine Baroneß, und darum mußte sie sie hassen.

Wieder blieb Darthe stehen. Wenn sie doch den Grendsche-Jehkab ebenso hassen könnte wie die Baroneß Marga – dann, ja dann wäre sie glücklich, denn dann war alles klar. Er war ja so veränderlich – bald kümmerte er sich nicht um sie, bald sagte er ihr die schönsten Dinge. Jetzt war er voll düsterer Rachepläne gegen die Barone, dann wieder renommierte er mit dem silbernen Papyrosetui, das ihm der junge Baron geschenkt. Heute war er bereit, persönlich dem Baron Wolf das Schloß über dem Kopf anzuzünden, wie alle Herrenhäuser in einer kurzen Weile angezündet werden sollten, morgen wieder erzählte er voll Stolz, daß der Baron ihm vertraue wie keinem, nicht mal dem Verwalter. Aber eins war ihr gewiß – Grendsche-Jehkab würde seine Hände nie mit Herrenblut beflecken – und ihr Vater hatte sich geirrt. – Hatte sich ihr Vater geirrt? Konnte es nicht sein, daß Jehkab jemals einen Mord beging – aus Zorn – aus Rachsucht – aus Eifersucht?

Aus Eifersucht. Das schon – vielleicht. Aber auf wen sollte er denn eifersüchtig sein? Hieß man sie nicht „die hochmütige Darthe“? Ging sie mit irgend einem Burschen um? Sie lachte. Die konnten lange warten. Im Grunde gefiel ihr doch keiner so gut wie Jehkab.

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/249&oldid=- (Version vom 31.7.2018)