Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/246

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Zögernd stand er da. „Wie du willst,“ sagte er endlich und schlug den Weg ein, den er gekommen war.

Darthe wandte sich um und blickte ihm lange nach.

– – – – – – – – – – – – – – –

Wind war gesät und Sturm fegte durch das Land, – der Sturm, der nicht mehr zu halten war.

Nach sonnigem Herbstwetter waren trübe Regentage gefolgt. Schwer und breit und grau rauschte der Fluß dahin, und dunkle Wolken hingen über nebelgrauen Wäldern und nassen Stoppel­feldern.

Dem Flußufer entlang, stromaufwärts, schritt an einem trüben Herbsttage eine weibliche schlanke Gestalt. Sie war in ein dichtes Tuch gehüllt und kurz geschürzt. Die derben ledernen Bauernschuhe traten tapfer vorwärts in das lehmige Erdreich, und hoch auf spritzte bei jedem Schritt das schmutzige Wasser. Unter dem groben Wolltuch hob sich in schweren Flechten das kronenförmig aufgesteckte Haar, über die braune Stirn hingen feuchte Strähnen.

Darthe Semmit ging einen schweren Gang, denn sie hatte eine Mission zu erfüllen. Die Mission aber hatte ihr niemand anders diktiert, als der, der allein rechte Missionen befiehlt – Gott – und ihr Herz.

Stundenlang war sie geduldig gegangen. Der Weg war weit und beschwerlich. Und immer lauter und vernehmlicher rauschte der Fluß. Es schien, als habe er ihr etwas zu sagen,

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/246&oldid=- (Version vom 1.8.2018)