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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

der selbstbewußt dastand und die Blicke der Mädchen auf sich ruhen fühlte.

„Wie bist Du denn von Deinem gnädigen Herrn Baron losgekommen?“ fragte sie.

„Er ist ausgefahren, Wirtin,“ antwortete Grendsche-Jehkab mit liebenswürdiger Nachlässigkeit und sah über sie hinweg zu Darthe hinüber.

Mit runden, begehrlichen Augen starrte die semmelblonde Zehsewirtstochter den hübschen Gesellen an.

„Das Tanzen habt Ihr wohl auf dem Schloß gelernt?“ fragte sie neugierig. „Tanzt man dort anders?“

„Wollt Ihr’s mit mir versuchen, Jungfrau?“

Sie errötete und ließ sich von ihm umfassen.

Es war ein wunderliches Tanzen. Er beherrschte es wie einer der jungen Barone, denen er es abgesehen hatte, und flog mit nachlässiger Anmut die Bahn entlang, eine angerauchte Zigarette in der Hand.

Sie trippelte vorsichtig und eckig dahin und bewegte leise die Lippen. Er hörte, wie sie den Takt zählte. Es war ihr saure Arbeit.

Mit spöttisch aufgeworfenen Lippen betrachtete Darthe das Paar. Da näherte sich ihr der Dumpje-Wirt.

„Jungfer Darthe – ist’s erlaubt?“ fragte er herablassend.

Sie sah ihn groß an. „Es ist erlaubt, wenn Ihr vergessen wollt, was die Mutter vorhin mit Euch geredet hat. Die Mutter weiß manchmal nicht, was sie tut.“

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/234&oldid=- (Version vom 31.7.2018)