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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

„Weil Sie alle deutsche Herrschaften sind und wir nichts mit Ihnen gemein haben!“

Baronh Wolf ließ einen leisen Pfiff erschallen.

„Daher also pfeift der Wind,“ sagte er halblaut. „Du ge­hörst also zu den Roten, Kind,“ sprach er verstimmt. „Wer hat dir denn diese Ideen in den Kopf gesetzt?“

Darthe schwieg. Unwillig wandte sich der Baron ab.

„Noblesse oblige!" murmelte Marga leise. „Laissez nous. Darthe,“ sagte sie darauf freundlich, „willst du mir ein paar Fragen beantworten, nicht dem gnädigen Fräulein, sondern einfach – wie ein Mensch zum andern redet?“

Darthe hielt den sicheren gütigen Blick des Fräuleins ruhig aus. „Ja,“ sagte sie entschlossen.

„Ihr schimpft auf die Deutschen – sie sollen euch bitteres Unrecht getan haben und so weiter – sag, kannst du was dafür, daß du als Lettenkind geboren bist?“

„Nein,“ sagte sie ernsthaft.

„Gut. Wenn du nun aber als Deutsche im Herrenhofe geboren wärst - was würdest du tun? Würdest du dich ruhig weiter schimpfen lassen?“

Darthe schüttelte den Kopf. „Ich würde mein Land den Letten geben und fortziehen – die Letten waren zuerst im Land!“ sagte sie furchtlos.

Baroneß Marga lächelte leise. „So?“ sagte sie. „Das geht ja schnell bei dir. Wenn nun aber ein altes Volk, das vor euch

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/223&oldid=- (Version vom 31.7.2018)