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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

linken Hand gerafft. Ihr schönes Haar, das in einem griechischen Knoten lose und wellig unter dem breiten Federhut hervorleuchtete, funkelte in der Sonne wie rotes Gold. Jetzt beugte sie sich vor und lachte und nickte; nun schritt sie auf Grendsche-Jehkab zu und redete ihn an. Der stand mit seinem Spaten hoch und schlank da; jetzt verbeugte er sich, zog seine Mütze und zeigte lachend seine blitzenden Zähne. Er war jetzt Diener beim jungen Baron.

Finster runzelte Darthe die Brauen. Die trotzige Falte grub sich tief in ihre braune Stirn. Was wollte diese ganze Herrschaftssippe dort auf der Wiese? Da ging etwas Besonderes vor, denn umsonst waren der Baron Wolf und die Baroneß Marga nicht von ihren auseinanderliegenden Gütern herbeige­kommen, um sich auf dem Pastoratsgebiet zu treffen. Und wer waren die Fremden? Sie sah schärfer hin. Ein kräftiger Herr mit braunem Vollbart, eine goldene Brille auf der Nase, ging eifrig gestikulierend vom Baron zum Pastor, jetzt stach er mit seinem Spaten in den Wiesengrund und zirkelte ein längliches Ge­viert ab. Ein alter, hagestolzlicher Herr, der aussah wie ein ge­lehrter Storch, sah ihm dabei angelegentlich zu.

Von der Flußseite hinter der Hütte her kamen vier Bauern, alle mit Spaten bewaffnet. Ihnen folgte in einiger Entfernung ein Trupp Neugieriger, Männer, Weiber und Kinder, allen voran der Dumpje-Wirt. Sein gedunsenes Gesicht saß auf einem büffelstarken roten Hals. Er redete laut und zornig. Über der

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/215&oldid=- (Version vom 1.8.2018)