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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

„Um so besser,“ sagte sie. „Die Milch trinken Sie aber dennoch. Seien Sie vernünftig, Wolf, bitte!“

Er tat ihr den Willen. „Nun aber vorwärts!“ sagte er. „Lebt wohl, Mutter Greetsche, und vielen Dank!“

Er ließ einen Silberrubel in die schwielige Hand der Bauerin gleiten.

Vor der Tür hob Grendsche-Jehkab ein Bündel weißer Wasserrosen auf.

„Fürs gnädige Fräulein!“ sagte er kurz.

„Ach!“ rief Fräulein Marga erfreut. „Du hast sie mit dem Boot geholt – was bist du für ein guter Junge, Jehkab! Dank, tausend Dank!“

Die kleine Karawane setzte sich in Bewegung. Willy führte das Pferd am Zügel.

Mutter Greetsche stand auf der Türschwelle und strahlte. Darthe sah finster und verdrossen drein. Nein, auch die Blumen, die gönnte sie dem schönen Fräulein nicht, nein, erst recht nicht.

* * *

Leise spann die Zeit ihre grauen und bunten Fäden. Jahr um Jahr rauschte der Fluß sein eintöniges Lied. Jahr um Jahr aber blieb er der gleiche, nur die Menschen an seinen Ufern waren anders geworden, und die Zeiten hatten sich gewandelt. Die Zeit aber und der Fluß, sie blieben sich gleich.

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/212&oldid=- (Version vom 31.7.2018)