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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

„Er ist ja schon gebunden und geknebelt, Euer Hochwohlgeboren!“

Ein Offizier tritt ans Bett und nimmt ihm den Knebel aus dem Munde. „Wer sind Sie?“ fragt er streng.

Dankbar blickt Stepan Nikolaitsch zu ihm auf. „Ich ... ich .. ich habe den Baron getötet!“

Es klingt wie ein Jubelruf.

Der Offizier weicht zurück. Noch nie hat er ein so strahlendes Antlitz gesehen.

„Um so schlimmer für Sie!“ sagt er betreten. „Wer sind Sie?“

„Volksschullehrer – Stepan Nikolaitsch Goruschkin.“

„Wissen Sie, wo der Pope Nikiphor ist? Leugnen Sie nicht!“

Der kleine Mann schüttelt den Kopf. „Er war gestern bei mir.“

„Wer hat Sie gefesselt?“

„Eben Vater Nikiphor.“

„Und warum?“

Stepan Nikolaitsch zögert einen Augenblick.

„Weil er mich zum Morde überredet hat,“ spricht er fest.

„Löst ihm die Bande von den Füßen und fort mit ihm,“ kommandiert der Offizier.

Schwankend steht Stepan Nikolaitsch auf den Füßen. Unter Eskorte wird er hinausgeführt.

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/183&oldid=- (Version vom 1.8.2018)