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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

„Aber meine liebste Frau Doktor“, rief nun Frau Schulz jammernd, „wir reden und reden, und der Kaffee wird inzwischen kalt. Kommen Sie doch zu Tisch!“

Die Damen standen auf und traten in das Eßzimmer. „Guten Tag, Herr Schulz“ – eine etwas zeremonielle Begrüßung erfolgte.

„Herr Schullehrer Goruschkin“, stellte Frau Schulz vor – „Frau Doktor Treller.“

Bescheiden hatte sich Stepan Nikolaitsch erhoben. Frau Doktor Treller musterte ihn mit überlegenem Lächeln und reichte ihm nicht die Hand. Verlegen setzte er sich wieder und als er den Brotkorb hinüberreichte, stieß er die Sahne um.

„O, bitte entschuldigen Sie!“ rief er erschrocken.

Es wurde eine peinliche Viertelstunde. Man sprach über seinen Kopf hinweg von dem Baron und seiner weitverzweigten Verwandtschaft. Frau Doktor war aufs Beste orientiert und gab genau Bescheid.

Fräulein Wally wurde die Situation unbequem.

„Kommen Sie, Stepan Nikolaitsch“, sagte sie laut, – „Frau Doktor, Sie entschuldigen gütigst, aber es ist Zeit, unsere Stunden zu beginnen.“

Mit ein paar linkischen Verbeugungen komplimentierte sich Stepan Nikolaitsch aus dem Speisezimmer hinaus. Fräulein Wally führte ihn in die Arbeitsstube des Onkels und schloß die Tür.

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/154&oldid=- (Version vom 31.7.2018)