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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Himmel und jetzt fielen einzelne schwere Tropfen auf die Landstraße und malten kreisrunde dunkle Flecken in den grauen Staub. Aus der Hütte hörte der Volksschullehrer die sonore Stimme des Popen Gebete murmeln und wie fasziniert von dem Klange, blieb er jedesmal einige Sekunden vor der geschlossenen Fensterlade stehen. Die fallenden Tropfen wurden heftiger und dichter und endlich strömte und goß es in zornigen Fäden prasselnd von der dunklen Himmelsdecke nieder.

Der Volksschullehrer drückte die Tür auf und trat tastend in den dunklen Flur. Seine Kleider waren naß und er strich sich die Tropfen aus dem Gesicht. Aus der halboffenen Tür des Nebenraumes leuchtete ein roter Lichtschein, vor dem Krankenlager standen mit offenem Munde der lettische Schmied Kruhming und Krisch, sein Sohn, und folgten gespannt den Bewegungen Vater Nikiphors.

Der Pope sprach die Sterbegebete, bückte sich dreimal tiefer und machte das Zeichen des Kreuzes. Dann trat er von dem Bette zurück. Seine mächtige Gestalt schien den ganzen Raum auszufüllen. In ihre Kissen versunken mit wächsernen spitzen Gesichtszügen lag die Kranke regungslos wie ein totes Etwas und nur ihre sterbenden Hände auf der Bettdecke zuckten leise und krampfhaft als wollten sie sagen: Noch sind wir.

In demütiger Haltung trat der Schmied auf den Priester zu und küßte ihm die Hand. Krisch Kruhming war erst seit zwei Jahren griechisch-orthodoxer Konfession und hatte seinem

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/112&oldid=- (Version vom 1.8.2018)