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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

aller dabey intereßirter Partheien öffentlich und ohne Zurückhaltung. Wenn du mehr von diesen Erbärmlichkeiten lesen willst, so kannst du eine meisterhafte Schilderung von der Hand des vortreflichen Göthe in Werthers Leiden finden, die buchstäbliche Wahrheit ist, und jedem, der selbst hier bekannt ist, ungemeines Vergnügen machen muß. – Willst du dich gut unterhalten, so mußt du einige der Assessoren, die wirklich viele Routine und Weltkenntniß besitzen, besonders besuchen. Wenn du dieses Glück hast, so wirst du in der That Ausbildung, Artigkeit, Liebe zu den schönen Künsten und Wissenschaften und einen muntern Ton finden. Oeffentlich werden aber diese Wenigen von dem allgemeinen Schwalle und einem alten Gebrauche fortgerissen, der sich noch von der Zeit herschreibt, wo Kurfürsten Kammerrichter waren, die den Assessoren für ihre Gesellschaften einen eisernen Freiheitsbrief gaben, auf den, wie gesagt, die meisten jetzt noch pochen.

Der jetzige Kammerrichter, ein Graf Spauer, ist wirklich ein geschickter Mann, der aber ein sehr eingeschränktes und einfaches Leben führt, und dadurch von seinem Vorgänger, dem bekannten Fürsten Hohenlohe seltsam genug absticht. Er ist bey den Arbeiten des Gerichtes unermüdet. Seine Vorträge in Plenarversammlungen, deren ich einige gelesen habe, tragen das Gepräge einer reifen Erfahrung,