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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

isolirt leben und nur sehr selten in gewissen Berührungspunkten zusammen treffen. Die erste Klasse machen der Kammerrichter, die Präsidenten und die Assessoren aus. Diese bilden den Adel; denn du mußt wissen, daß jeder Assessor, sobald er sein Amt antritt, vermöge einer alt hergebrachten Gewohnheit sich einen Herrn von nennt und ein gnädiger Herr wird, wenn er auch nur ein Bürgerlicher ist. Dies scheint noch ein Schein des alten Rechtes der Doctoren zu seyn, die im Mittelalter den Rang mit dem Adel hatten. Einige dieser gnädigen Herrn tragen die Nase so hoch, daß man sich ihnen mit Schüchternheit naht. Mit der einförmigen und stillen Lebensart sticht dieser Stolz sonderbar genug ab. Indessen muß man ihnen die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß sie gegen Fremde, die mit dem Gerichte selbst in keine Collision kommen, sehr gesellig und eingenommen sind. Sie geben an Sonntagen abwechselnd Gesellschaft, die aber kein Bürgerlicher, wenn er nicht besonders empfohlen und eingeführt wird, betreten darf. Selbst die Advokaten und Prokuratoren des Gerichts, wenn sie auch von Adel sind, werden davon ausgeschlossen. Eine Ausnahme machen nur die Practikanten, wenn sie Ahnen haben. Du mußt aber nicht denken, daß dieser Unterschied ein sonderlicher Verlust für die Bürgerlichen wäre. Die Gesellschaften sind so fade und leer, daß man alle Lust an ihnen