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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

durcheinander ist Schuld daran, daß man sich Anfangs nicht gern auf die Straße wagt, weil man hier gerädert, dort gespießt, da überlaufen, und hier erdrückt zu werden fürchten muß. Das Gewühl auf dem Stockameisen-Platz ist vom frühesten Morgen bis tief in die Nacht so stark, als es in Leipzig zu Zeit der Messe in den unruhigsten Tagen nur seyn kann. In diesem Gedränge fährt man durchaus in dem stärksten Trotte, auch wohl im Galopp, und doch hört man selten von einem Unglücke. Bedenkst du nun noch Alles das, was ich dir schon in meinen vorigen Briefen erzählt habe, so kannst du leicht begreifen, daß ein Fremder Anfangs seine Rechnung hier nicht findet. Ist er aber nur erst warm geworden, so wird er mit Jedem gern bekennen müssen, daß es nur Ein Wien giebt, und daß das Leben hier wirklich etwas Großes ist. Ich setze den Fall, es kommt Jemand hieher, um ein Jahr hier zu bleiben, und ich nehme an, daß er 4000. fl. in der Tasche hat, um es als einzelner Mann auf einige Art mit einem bemittelten Wiener aushalten zu können. Dafür kann er sich ein Leben nach Gefallen wählen, und er findet gewiß Alles beysammen, was er in andern Städten nur einzeln suchen muß. Seine Lust oder seine Leidenschaft mag sich einen Weg wählen, welchen sie immer will, er kann ihn wandeln. Freilich darf er keinen Hang zum Kleinstädtischen haben. Er darf nicht zu Fuße