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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

und ein entschlossener Kopf in einem entscheidenden Augenblicke ihn eben so leicht für, als gegen den Hof bewaffnen könnte. Ich selbst habe mir ein paarmahl das Vergnügen gemacht, diesen oder jenen Bürger, der am heftigsten gegen die Franzosen schrie, in einem glücklichen Augenblicke für die Sache der Freiheit zu erwärmen, und am andern Tage gewann ihn mein Freund wieder eben so leicht für die Sache der Monarchie, oder wohl gar des Despotismus.[1] Der Wiener scheint mir überhaupt noch in den Jahren der Kindheit zu seyn. Er ergreift Alles, was glänzt und wirft es eben so schnell wieder von sich, wenn er einige Zeit damit gespielt hat. Daß es warme österreichische Patrioten in Wien giebt, d. h. solche, die ohne Interesse Patrioten sind, glaube ich kaum, und wenn es deren geben sollte, so sind es gewiß wenige. Ueberhaupt möchte ich sehr daran zweifeln, daß es je Menschen gegeben hat, die sich recht warm für eine Monarchie intereßirt haben. Man werfe mir nicht ein: die häufigen und großen freiwilligen Beiträge in diesem Kriege bewiesen das Gegentheil. Man erlaube mir sogar zu behaupten, daß diese weniger als nichts beweisen. Man giebt, weil es Mode ist, zu geben, oder weil ein

  1. Den neuesten Nachrichten zu Folge soll die Stadt Wien jetzt den Beynamen: die getreue, erhalten.