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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

der geschmackvollere Theil des hiesigen Publikums einen zahlreichen Zuspruch schenken.

Ich könnte dich nun noch mit einer langen Predigt unterhalten, über die Malerakademie, das Naturalienkabinet, das Münzkabinet, die beyden Zeughäuser, den kaiserlichen Schatz, die Lustschlösser zu Schönbrunn und Laxenburg, den Garten zu Dornbach, über des eben genannten Müllers Wachsfigurenkabinet, über die Sammlung des Reichshofraths Hess und hundert andere Dinge, wenn nicht schon eigene Beschreibungen davon existirten, oder wenn es nicht besser wäre, Alles das selbst anzusehen, als sich davon erzählen zu lassen. Ich will also heute meinen Brief mit einigen Bemerkungen über den Charakter der Wiener beschließen.

Es ist schwer, sich in diesen sonderbaren Proteus zu finden, und ich möchte sagen, daß der Wiener eigentlich gar keinen Charakter habe. Die Hebenstreitsche Verschwörung hat sehr weise bemerkt, daß der Hof die Wiener nur alsdann wecken könnte, wenn er sie bey dem Magen faßte. Und in der That, es müßte schlimm zugehen, wenn Menschen nicht mehr für das warm würden, was ihnen lieb ist. Heute ist der Wiener heiß, morgen kalt, und ich glaube, daß ein alter Planmacher