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Hochansehnliche Versammlung!

Das Gesetz unserer Christian-Albrecht-Universität gebietet, dass der neue Rektor sich mit einer Anrede einführe. Indem ich dieser Vorschrift folge, wähle ich nicht einen Gegenstand aus meiner Wissenschaft – dazu findet sich für den Professor der Eloquenz öfter Gelegenheit –, sondern meine Wissenschaft selbst. Ich bitte Sie, dass Sie dasjenige, was ich Ihnen über die klassische Philologie[1] der Gegenwart als Wissenschaft und als Gegenstand des akademischen Unterrichts zu sagen habe, als dasjenige betrachten, was mich schon seit Jahren und nicht am wenigsten in der letzten Zeit bewegt hat. Und glücklich würde ich mich schätzen, wenn recht viele von Ihnen meine Ausführungen nicht für neu, wol aber für wahr halten sollten.

Verglichen mit dem Stande, in welchem der Meister der jetzigen Altertumswissenschaft, dessen Säkulargedächtnis am 24. November vorigen Jahres gefeiert worden ist, und dessen Andenken auch meine heutigen Worte geweiht sein mögen, August Böckh, dieselbe während einer mehr als fünfzigjährigen Forscher- und Lehrthätigkeit schaute, zeigt dieselbe vor allem eine grosse Erweiterung ihrer Gränzen.

Zunächst, um mit den Anfängen zu beginnen, konnte die klassische Philologie den Fragen nicht fremd bleiben, welche die vergleichende Sprachwissenschaft und deren jugendliche


  1. Warum hier die Bezeichnung ‚klassische Philologie‘ im Böckh’schen Sinne beibehalten worden ist, wird sich dem kundigen Leser aus der Tendenz des Vortrags ohne weiteres ergeben.
Empfohlene Zitierweise:
Richard Foerster: Die Klassische Philologie der Gegenwart. Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1886, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Foerster_Klassische_Philologie_der_Gegenwart_03.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)