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(4.) 105 Mit diesen Worten versuchte Rubel dem Joseph eine günstigere Meinung von ihnen beizubringen. Joseph aber liess, da er gehört, dass Jakob noch am Leben und Benjamin nicht umgekommen sei, seine Brüder in Gewahrsam bringen, als wolle er sie bei Gelegenheit einem Verhör unterziehen. Am dritten Tage jedoch liess er sie vor sich führen und sprach zu ihnen: 106 „Da ihr behauptet, ihr wärst nicht gekommen, um dem König zu schaden, und ihr wäret Brüder und stammtet von dem Vater ab, den ihr genannt, so könnt ihr mir die Wahrheit dieser Behauptung dadurch beweisen, dass ihr einen von euch bei mir zurücklasst, dem kein Leid widerfahren soll; ihr anderen aber bringt das Getreide eurem Vater und kehrt dann hierher zurück mit dem Bruder, den ihr eurer Angabe gemäss zu Hause gelassen habt. Daran werde ich erkennen, ob ihr mich nicht belogen habt.“ 107 Darüber gerieten sie in ein noch schlimmeres Leid; sie vergossen Thränen und beklagten heftig Josephs Schicksal, als ob ihnen wegen des an ihm begangenen Unrechtes diese Drangsal von Gott als Strafe geschickt worden sei. Rubel aber hielt ihnen eindringlich vor, dass ihre Reue dem Joseph doch nichts mehr nützen könne, und er beschwor sie, alle Leiden starkmütig zu ertragen, da sie von Gott als Strafe für das an ihrem Bruder verübte Unrecht ihnen geschickt seien. 108 Also sprachen sie zu einander in dem Glauben, Joseph verstehe ihre Sprache nicht. Auf Rubels Vorstellungen hin aber ergriff sie Trauer und Reue, weil sie eine That verübt, für die Gott sie gerechterweise büssen lasse. 109 Da nun Joseph sie in solcher Not sah, weinte er sehr; weil er aber nicht wollte, dass sie dies sähen, entfernte er sich eine kleine Weile von ihnen. 110 Dann kam er zurück, hielt den Simeon als Bürgen für die Wiederkehr seiner Brüder fest und hiess die anderen nach Hause ziehen, sobald sie Getreide auf dem Markt eingekauft hätten. Einem Knechte aber befahl er, er solle das Geld, das sie zum Ankauf des Getreides mitgebracht

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/90&oldid=- (Version vom 4.8.2020)