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Samuels fragte, weshalb er sie aus ihrer Ruhe aufgestört und aus der Unterwelt heraufbeschworen habe, klagte Saul, er habe das nur aus Not gethan: denn gewaltige Feinde bedrängten ihn, und Gott habe ihn verlassen und wolle ihm weder durch die Propheten noch durch Traumerscheinungen die Zukunft kundthun. Deshalb habe er zu Samuel seine Zuflucht genommen, weil dieser auch früher für ihn gesorgt habe. 335 Samuel aber, welcher wusste, dass Sauls Lebensende bevorstehe, sagte, es sei überflüssig, von ihm die Zukunft erfahren zu wollen, da Saul von Gott schon verlassen sei. „Vernimm aber,“ fuhr er fort, „dass dem David die Königswürde vom Schicksal bestimmt ist, und dass er den Krieg glücklich beendigen wird. Du dagegen wirst, wie ich dir auch schon bei Lebzeiten verkündigt habe, Herrschaft und Leben zugleich verlieren, 336 weil du im Kriege gegen die Amalekiter Gott nicht gehorsam gewesen bist und seine Gebote übertreten hast. Wisse darum, dass dein Heer in die Hände der Feinde geraten wird, und dass du morgen mit deinen Söhnen in der Schlacht fallen und bei mir sein wirst.“

(3.) 337 Als Saul dies vernahm, verstummte er vor Betrübnis und fiel ohnmächtig zur Erde, sei es aus Schmerz über die Prophezeiung, sei es vor Mattigkeit, weil er den ganzen vorhergehenden Tag und die Nacht hindurch keine Speise zu sich genommen hatte. 338 Nachdem er dann mit Mühe wieder zu sich gebracht war, drang das Weib in ihn, er solle etwas Nahrung nehmen, und begehrte als Lohn für ihre verwegene Prophezeiung, die sie ihm trotz des Verbotes kundgethan, nichts weiter, als dass er sich zu Tische setzen, sich mit Speise erquicken und dann gestärkt zu seinem Heere zurückkehren möchte. Da er sich aber dessen weigerte und vor Betrübnis nichts anrührte, bat sie ihn noch inständiger, sodass er endlich nachgab. 339 Als Weib aber, die von ihrer Hände Arbeit lebte, besass sie nur ein einziges Kalb, das sie mit grosser Sorgfalt aufgezogen hatte; dieses schlachtete sie, bereitete das Fleisch zu und setzte es dem Saul und

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/381&oldid=- (Version vom 23.9.2020)