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wunderte sich, dass sein Vater so sehr seine Gesinnung in betreff Davids geändert habe, dass er ihn nicht allein, obgleich er ihn früher so wohlwollend behandelt, leicht verletzen, sondern ihn sogar töten wolle. Da er nun den Jüngling liebte und wegen seiner Tugenden hoch achtete, verriet er ihm das geheime Vorhaben seines Vaters 207 und riet ihm, sich vorzusehen und sich am folgenden Tage nicht blicken zu lassen. Er wolle unterdes zu seinem Vater gehen unter dem Vorwande, ihn zu begrüssen, und die Gelegenheit benutzen, um von David zu reden. Erfahre er dann die Ursache seiner üblen Gesinnung, so wolle er ihm dieselbe als geringfügig hinstellen 208 und ihm sagen, man dürfe um einer solchen Kleinigkeit willen einen Mann, der sich um das Volk und den König so grosse Verdienste erworben, nicht umbringen; vielmehr müsse man ihm, wenn er auch noch so schwer gefehlt habe, billigerweise Verzeihung gewähren. Alsdann werde er ihn von seines Vaters Gesinnung in Kenntnis setzen. David folgte diesem guten Rat und hielt sich vom Könige fern.

(2.) 209 Am folgenden Tage ging Jonathas zu seinem Vater, und da er ihn heiter und gut aufgelegt antraf, fing er also mit ihm über David zu reden an: „Was für eine grosse oder kleine Sünde hat doch David nach deiner Meinung gegen dich begangen, dass du den Mann töten lassen willst, der dir selbst so viel Gutes gethan und den Palaestinern solche Niederlagen beigebracht hat, 210 der ferner das Volk der Hebräer von der Schmach und dem Spotte, dem es vierzig Tage lang preisgegeben war, befreit hat, da er allein von allen mit dem herausfordernden Feinde den Zweikampf zu bestehen wagte, und der die ihm aufgegebene Zahl Feindesköpfe beigebracht und dafür meine Schwester geheiratet hat, sodass sein Tod für uns jetzt um so betrübender sein würde, nicht bloss wegen seiner Tugenden, sondern auch wegen seiner nahen Verwandtschaft mit uns? Durch seinen Tod erleidet auch deine Tochter grosses Unrecht, da sie schon Witwe wird, noch ehe sie

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/356&oldid=- (Version vom 23.9.2020)