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Unterdrückung ihres Kummers waren, zeigten, dass sie seine Tugenden und die Grösse seiner Thaten besser erkannten, als ihr Alter hätte erwarten lassen sollen. 321 Alt und Jung schien sich in Schmerzensausbrüchen einander überbieten zu wollen. Die einen beklagten die Zukunft, da sie wohl wussten, welchen Führer und Vorsteher sie an Moyses verloren; die anderen trauerten um ihn, weil er scheiden müsse, noch ehe sie seine Tüchtigkeit recht erkannt hätten. 322 Die Grösse der Trauer und des Jammers des Volkes lässt sich am besten daraus entnehmen, was dem Gesetzgeber selbst begegnete. Obgleich er nämlich in seinem ganzen Leben überzeugt gewesen war, man dürfe sich wegen seines bevorstehenden Todes nicht abhärmen, da man ihn nach dem Willen Gottes und den Gesetzen der Natur erleiden müsse, so presste ihm doch das Wehklagen des Volkes Thränen aus. 323 Als er sich nun wegbegab nach dem Orte, wo er dem Anblick entrückt werden sollte, folgten ihm alle weinend nach. Moyses aber winkte den weiter Entfernten mit der Hand, dass sie ruhig stehen bleiben sollten. Die ihm näher Stehenden hingegen ermahnte er, sie sollten ihm nicht dadurch, dass sie ihm folgten, den Abschied noch mehr erschweren. 324 Hierin glaubten sie ihm willfahren zu müssen und hielten sich deshalb weinend zurück, damit er nach seinem Willen aus dem Leben scheiden könne, und nur die Ältesten, der Hohepriester Eleazar und der Heerführer Jesus begleiteten ihn. 325 Als er nun auf dem Berge Abar angekommen war (dieser Berg ragt in der Gegend von Jericho empor, und man hat von ihm einen herrlichen und weiten Ausblick auf das Land Chananaea), entliess er die Ältesten. 326 Darauf umarmte er den Eleazar und den Jesus, und während er noch mit ihnen sprach, liess sich plötzlich eine Wolke auf ihn herab, und er entschwand in ein Thal. In den heiligen Büchern aber hat er geschrieben, er sei gestorben, aus Furcht, man möchte sagen, er sei wegen seiner hervorragenden Tugenden zu Gott hinüber gegangen.

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/248&oldid=- (Version vom 4.8.2020)