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heiraten und dem Sohn, den er mit ihr erzeugt, den Namen des Verstorbenen beilegen und ihn erziehen; dieser tritt dann später das Erbe des ersten Mannes an. So wird es gehalten zum Nutzen des Staates, da so die Familien nicht aussterben, das Vermögen in der Verwandtschaft bleibt, und die Lage der Frau durch Heirat mit dem nächsten Verwandten des verstorbenen Gatten erleichtert wird. 255 Will der Bruder sie aber nicht heiraten, so soll die Frau vor den versammelten Ältesten versichern, sie wolle gern in der Familie bleiben und Kinder mit ihm erzeugen; er aber wolle sie nicht ehelichen und so das Andenken seines verstorbenen Bruders schmähen. Wenn dann die Ältesten ihn fragen, warum er die Ehe nicht eingehen wolle, und er dann irgend einen Grund, sei er nun gewichtig oder nicht, vorbringt, so soll folgendermassen verfahren werden. 256 Das Weib soll dem Bruder ihres Mannes die Schuhe ausziehen und ihm ins Angesicht speien und dabei ausrufen, er sei dieser Schmach würdig, weil er das Andenken an den Verstorbenen verunehrt habe. Dann soll er aus der Versammlung der Ältesten sich entfernen und für alle Zeit mit Schimpf bedeckt sein; sie aber kann dann heiraten, wen sie will. – 257 Wenn jemand eine Jungfrau oder auch eine verheiratete Frau, die kriegsgefangen ist, zur Ehe nehmen will, so soll ihm nicht eher gestattet sein ihr beizuwohnen, als bis sie ihr Haar geschoren, ein Trauergewand angelegt und ihre Verwandten und Freunde, die im Kampfe gefallen sind, beweint hat. 258 Und erst wenn so der Trauer um jene Genüge geleistet ist, soll sie sich zum Hochzeitsmahle rüsten. Denn es ist anständig und gerecht, dass derjenige, der ein Weib heiraten und Kinder mit ihr zeugen will, Rücksicht auf sie nimmt und ihre Wünsche erfüllt, anstatt nur seiner Lust zu fröhnen. 259 Wenn nun dreissig Trauertage um sind (denn so viele Tage genügen einem verständigen Menschen zur Beweinung seiner Lieben), darf die Hochzeit stattfinden. Wenn aber der Mann nach Stillung seiner Begierde sich weigert, sie zum Weibe zu haben, so soll ihm nicht

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/237&oldid=- (Version vom 4.8.2020)