Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/21

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Zweites Kapitel.
Von der Nachkommenschaft Adams und den zehn Geschlechtern von ihm bis zur Sintflut.

(1.) 52 Adam und Eva erzeugten zwei Söhne, von denen der ältere Kaïs, das ist „Besitzung“ hiess, der jüngere aber Abel, das ist „Trauer.“ Auch Töchter wurden ihnen geboren. 53 Die Brüder nun hatten verschiedene Neigungen. Abel, der jüngere, pflegte die Gerechtigkeit, und da er Gott bei all seinem Thun gegenwärtig glaubte, lebte er tugendhaft als Hirt. Kaïs aber, in hohem Grade gottlos und nur auf Gewinn bedacht, pflügte zuerst die Erde und tötete seinen Bruder aus folgender Veranlassung. 54 Da sie beide Gott opfern wollten, brachte Kaïs von den Früchten des Feldes und der Bäume dar, Abel aber Milch und Erstgeburt der Herde. An diesem Opfer der freigebigen Natur nun hatte Gott mehr Gefallen als an dem, was der habgierige Mensch mit seiner Kraft hervorgebracht. 55 Kaïs aber ergrimmte über diese Bevorzugung seines Bruders, tötete Abel und verbarg seinen Leichnam in dem Wahne, die That werde so geheim bleiben. Doch Gott erkannte den Frevel, kam zu Kaïs und forschte, wo sein Bruder sei, den er nun schon tagelang nicht gesehen, obgleich er doch früher immer mit ihm verkehrt habe. 56 Kaïs aber, tückischen Gemütes und ausser stande, Gott zu antworten, behauptete, auch er sei in Ängsten über den Verbleib seines Bruders. Als nun Gott beharrlich in ihn drang, entgegnete er trotzig, er sei nicht der Hüter und Wächter seines Bruders, und dessen Angelegenheiten kümmerten ihn nicht. 57 Da beschuldigte Gott ihn offen des an Abel verübten Totschlages und sprach: „Ich wundere mich, dass du nicht wissen willst, was deinem Bruder zugestossen ist, da du ihn doch selbst getötet hast.“ 58 Durch ein Opfer des Kaïs und sein Flehen um Verzeihung wurde nun Gott zwar bewogen, ihm die Strafe für den Totschlag zu erlassen, aber er

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/21&oldid=- (Version vom 4.8.2020)