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(7.) 189 Die Hungersnot aber nahm von Tag zu Tag zu und wurde für die Aegyptier immer drückender. Denn es fehlte die Bewässerung des Landes, da der Nil nicht aus den Ufern trat‚ und auch Gott keinen Regen sandte. Das Volk aber hatte keine Vorsorge für die Zukunft getroffen, da es sie nicht voraussehen konnte, und Joseph liess Getreide nur gegen bares Geld verabfolgen. Als nun das Geld zu mangeln anfing, bezahlte man mit Vieh und Sklaven, und wer Äcker hatte, gab diese für Getreide hin. 190 So gelangte aller Grundbesitz in das Eigentum des Königs, und der eine musste hierhin, der andere dorthin ziehen, damit der König um so sicherer und unbehelligter das Eigentumsrecht an Grund und Boden behielt. Nur den Priestern verblieb ihr Besitz. 191 Die grosse Not führte schliesslich dazu, dass man nicht nur den Leib, sondern auch die Seele verkaufte und so gezwungen war, auf unsittliche Weise sein Leben zu fristen. Als aber endlich die Hungersnot nachliess, der Fluss das Land wieder überschwemmte, und dieses wieder reichlich Frucht erzeugte, 192 begab sich Joseph zu jeder Gemeinde, rief das Volk zusammen und gab das Land, das dem Könige abgetreten worden war, und von dem er allein die Nutzniessung hatte, den früheren Eigentümern zurück. Diese ermahnte er, wohl zu bedenken, dass das Land von Rechts wegen Eigentum des Königs sei; sie sollten sich also dessen Bebauung nicht dadurch verdriessen lassen, dass sie fortan den fünften Teil des Ertrages an den König abliefern müssten. 193 Sie aber freuten sich, so unverhofft wieder in den Besitz ihres Ackerlandes gekommen zu sein, und verpflichteten sich zur strengen Beobachtung dieses Befehle. Hierdurch wuchs sowohl das Ansehen Josephs bei den Aegyptiern, als auch die Anhänglichkeit der Unterthanen an den König in hohem Grade. Dieser Gebrauch, den fünften Teil des Ertrages abzuliefern, blieb auch unter den folgenden Königen unverändert bestehen.

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/104&oldid=- (Version vom 4.8.2020)