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dadurch nicht getroffen wurde, insofern die lothringische Stimme auch nach der Vereinigung Lothringens mit Frankreich fortgeführt wurde.

256      Für das spätere Stimmenverhältniss im Reichsfürstenrathe scheint der Stand des Jahres 1582 im allgemeinen für die geistlichen Fürsten in ähnlicher Weise massgebend gewesen zu sein, wie bei den weltlichen Fürsten.[1] Für die Stifter, welche schon damals nur Prälatenstimmen führten oder ihre Unmittelbarkeit verloren hatten, wurde auch später keine Fürstenstimme geführt; eine Ausnahme machten nur Weissenburg und Prüm. Andererseits machte sich der Grundsatz, dass jede 1582 abgegebene Stimme auch dann zu einer solchen berechtige, wenn das betreffende Fürstenthum mit andern vereinigt wurde, auch bezüglich der geistlichen Fürstenthümer in so weit geltend, als für die 1648 säkularisirten Stifter von den weltlichen Besitzern Fürstenstimmen fortgeführt wurden; als ferner bei der später so gewöhnlichen Vereinigung mehrerer geistlicher Fürstenthümer in einer Hand für jedes derselben gestimmt wurde.

     Dennoch minderte sich die Zahl der geistlichen Fürstenstimmen auch seit 1582 noch bedeutend. Einmal durch die Säkularisation, da die Stimmen wohl blieben, aber auf der weltlichen Bank geführt wurden. Dann aber wurden von allen Stiftern, deren Lande erst nach 1582 dem Reiche völlig entfremdet wurden, später nur noch Bisanz, Chur und Weissenburg aufgerufen, nicht aber Lausanne, Sitten, Metz, Toul, Verdun, Kammerich und Murbach, welche noch nach 1582 wirklich stimmten, weiter Genf, dessen späterer Stimmführung wenigstens nichts im Wege gestanden hätte.[2] Noch 1582 überstieg demnach die Zahl der geistlichen Stimmen die der weltlichen; jene betrug 53, diese 46. Während nun seitdem die geistlichen Stimmen in angegebener Weise sich minderten, stieg die der weltlichen durch die Säkularisation und die Einführung neuer Kurfürsten und Fürsten. Zählten wir 1792 von weltlichen Virilstimmen 5 kurfürstliche und 61 fürstliche, so ergaben sich von geistlichen noch 3 kurfürstliche und 33 fürstliche, welche, da Fulda seit 1752 Bisthum, Elwangen und Weissenburg Probsteien geworden waren, für 2 Erzbisthümer, 22 Bisthümer, 4 Abteien, 3 Probsteien und 2 Ritterorden geführt wurden. Da die Stimmen von zwei Probsteien dauernd mit Trier und Speier verbunden waren, weiter wegen der vielfachen persönlichen Vereinigungen wurden jene Stimmen 1792 nur von 3 Kurfürsten und 23 Fürsten geführt; von letztern waren zwei weltliche, Lübeck und Osnabrück; Chur und Bisanz aber blosse Personalisten. Dagegen wurden die weltlichen von 5 Kurfürsten und 35 Fürsten geführt. Als Gesammtzahl der Stimmen ergeben sich demnach 8 kurfürstliche und 94 fürstliche Stimmen, welche von 8 Kurfürsten und 58 Fürsten geführt wurden; mit den beiden Kuriatstimmen der Prälaten und den vier Kuriatstimmen der Grafen ergeben sich 100 Stimmen für den Reichsfürstenrath.

  1. Vgl. § 199.
  2. Vgl. Moser 35, 186 ff.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_404.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)