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Reichsunmittelbarkeit wieder her, welche 1143, 1155 und 1230 bestätigt[1] und anscheinend seitdem nicht weiter angefochten wurde. In der Urkunde K. Friedrichs von 1230 heisst der Abt nur fidelis noster, wie für diese Zeit überhaupt Belege für seinen Fürstenstand fehlen; um so bestimmter treten diese in einer Reihe Urkunden K. Rudolfs hervor, welcher den Abt als Fürsten, sein Kloster als Fürstenthum bezeichnet und ihn mit den Regalien desselben belehnt.[2] Dennoch hat sich der Abt nicht einmal unter den Reichsprälaten behauptet und fehlt schon in den Matrikeln von 1422 und 1431, ohne dass sich nachweisen liesse, wann er seine Unmittelbarkeit verloren. Dasselbe werden wir bei andern baierischen Fürstäbten finden und haben wohl den Grund in einer, anscheinend durch die Doppelstellung K. Ludwigs von Baiern wie durch die Erlangung der Vogtei geförderten Ausdehnung der herzoglichen Landeshoheit zu suchen. Im Privileg K. Ludwigs 1332 ist von Beziehungen zum Reiche nicht die Rede; 1378 und später nennen die Herzoge das Kloster in den Privilegien geradezu unser Gotteshaus; selbst in kaiserlichem Gunstbriefe von 1454 wird namentlich nur noch das Privileg K. Ludwigs bestätigt.[3]

Ottobeuern war Reichsabtei; 972 befreit K. Otto das Stift von den Leistungen und bestimmt, dass der neugewählte Abt nobis nostrisque successoribus presentetur et regalia a nobis accipiat et per nos sublimetur ac firmetur; 1171, 1219 und 1372 wird die Freiheit des Klosters und insbesondere die Investitur durch das Reich bestätigt.[4] Die Echtheit der uns vorliegenden Urkunde von 972 mag zweifelhaft sein; dass eine solche gegeben wurde und das Kloster Reichsabtei war, ergibt sich auch aus der Lebensbeschreibung des h. Ulrich[5]; auch der Weingartner Chronist bezeichnet Ottobeuern als ecclesia regalis[6], und in den Annalen der Abtei wird zu 1145 und 1180 die Belehnung neugewählter Aebte mit den Regalien ausdrücklich erzählt.[7] Dennoch ist mir keine Stelle bekannt, in welcher der Abt den Fürstentitel erhielte, wie er denselben auch später nie beanspruchte; eine Belehnung mit den Regalien findet sich noch 1406[8], während spätere Lehnbriefe, wie bei andern Prälaten, nur vom Blutbann sprechen.[9] Auch die Reichsunmittelbarkeit wurde vom Bischofe von Augsburg bestritten auf Grund kaiserlicher Verleihungen von 1116 und 1125; und wurden diese Ansprüche auch 1624 auf andere Gründe hin zurückgewiesen und die Unmittelbarkeit gewahrt, wenn der Abt auch weder auf Reichstagen, noch auf Kreistagen vertreten war, so ist es doch auffallend, dass den Vertheidigern entging, dass jene uns wohlbekannten Schenkungsurkunden[10], in welchen die Abtei nur Beuern genannt wird, gar nicht Ottobeuern,

  1. M. B. 7, 93. 94. 100. 106. 117.
  2. 1275–86: M. B. 7, 139. 141. 144. 146.
  3. M. B. 7, 165. 179. 188. 189. 206.
  4. M. B. 31, 212. 29, 402. 30, 91. Moser 36, 515.
  5. M. G. 6, 409.
  6. Hess 5.
  7. M. G. 17, 315. 316.
  8. Reg. Rup. n. 2203. Vgl. Moser 36, 518.
  9. Moser 36, 498. Lünig C. F. 535 ff.
  10. Vgl. oben n. 11.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_364.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)