Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 354.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gedacht [1], wohl gar das bisherige ausdrücklich aufgegeben [2], ohne dass doch das Kloster in jene besondere Beziehungen zum römischen Stuhle gesetzt wurde, welche jetzt nach dem Durchdringen einer andern Auffassung weniger nöthig erscheinen mochten. Doch scheint Laienherrschaft auch nicht durchaus ausgeschlossen zu sein; K. Friedrich bezeichnet 1172 das von seinem Neffen Herzog Friedrich gegründete Kloster Scheftersheim als ab ipso per successivam hereditatem nostre dictioni mancipatam.[3] und auch bezüglich der Vogtei finden wir hier, wie das auch bei den römischen Klöstern nicht der Fall ist, keine gemeinsame Regel; erscheint im letztgenannten Falle ein staufischer Erbvogt, so wird in der Regel freie Wahl des Vogtes verbrieft; es finden sich aber auch Prämonstratenserklöster, welche ausdrücklich von jeder Vogtei befreit und nur dem Schutze des Kaisers unterstellt sind.[4]

227Dagegen finden wir bei den Cisterziensern bezüglich der Temporalien eigenthümliche Bestimmungen, für uns beachtenswerth, weil sie bei den Abteien dieses Ordens den Begriff der Reichsunmittelbarkeit besonders nahe legten. Die Anschauungen, welche zur Zeit des Investiturstreites zur Uebergabe der Klöster an die römische Kirche führten, schlossen ein Herrschaftsverhältniss bezüglich der Temporalien nicht aus; nur sollte der Herr kein Laie sein. Wir dürfen uns dafür nicht auf den Hinweis beschränken, dass vielfach, wenn auch nur der Form nach, die römische Kirche als Eigenthümerin auftritt; es blieben überhaupt die Abteien, welche Bischöfen oder anderen Aebten gehörten, von der Bewegung unberührt; bestimmter noch zeigt sich das darin, dass auch später Benediktinerabteien Bischöfen, und zwar nicht bloss dem Sprengelbischofe, in ihren Temporalien unterworfen wurden; so 1090 das Kloster Komburg, Würzburger Sprengels, dem Erzbischofe von Mainz, um 1130 das Kloster Laach, Trierer Sprengels, dem Erzbischofe von Köln [5]; nur etwa für den Fall des Missbrauchs der Herrschaft wurde, wie im erstgenannten Falle, die römische Kirche substituirt.

Bei Gründung der Cisterzienserklöster war dagegen das Hauptaugenmerk auf Lösung von jedem Abhängigkeitsverhältnisse gerichtet; nur dem Sprengelbischofe sollten sie nach den Satzungen der Kirche unterworfen sein, sollten von Niemandem Freibriefe erhalten dürfen [6]; damit war auch jenes besondere Schutzverhältniss zum römischen Stuhle ausgeschlossen. Leistungen aus einem weltlichen Rechtstitel hatte niemand von ihnen zu verlangen, da auch der Sprengelbischof nicht als weltlicher Herr betrachtet wurde. Vom Kloster Georgenthal in Thüringen sagt 1140 der Erzbischof von Mainz: nullius terrenae personae potestati vel dominio subditus fiat et nullum penitus tam nobis quam successoribus nostris seculare servitium debeat.[7] Noch auffallender

  1. Vgl. z. B. C. d. Westf. 1, 152. 2, 3. 5. Hontheim 1, 552.
  2. Wirtemb. UB. 2, 166. 203. vgl. 287. 322.
  3. Wirtemb. UB. 2, 168.
  4. Wirtemb. UB. 2, 193.
  5. Wirtemb. UB. 1, 287. Günther 1, 288.
  6. Vgl. Hurter Innoc. 4, 176.
  7. Feller mon. ined. 588.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_354.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)