Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 348.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auch später noch bis zu den Revolutionskriegen waren, so wird unter denselben doch kein einziges Bisthum mehr genannt.[1]

224Konnte es bezüglich der Bischöfe zweifelhaft erscheinen, ob nicht etwa alle den Fürsten zuzuzählen seien, fanden wir, dass für sie wenigstens in Deutschland der Fürstenstand durchaus die Regel war, so ergab sich bezüglich der Aebte und Aebtissinnen bereits aus den früheren Untersuchungen, dass sie nur zum Theil dem Fürstenstande angehörten. Für manche der folgenden Erörterungen würde es nun von Wichtigkeit sein, die Reihe der Fürstäbte möglichst genau zu bestimmen. Aber die Herstellung derselben stösst auf bedeutende Schwierigkeiten. Das Prädikat Venerabilis ist wenig entscheidend; kommen Aebte nur in geringer Anzahl, Aebtissinnen fast gar nicht als Zeugen der Kaiserurkunden vor, so kann die Rangordnung nur wenig Haltpunkte geben.[2] Das entscheidende Moment werden wir vorzugsweise darin suchen müssen, dass ein Abt ausdrücklich Princeps, seine Abtei Principatus genannt wird. Aber auch das geschieht auffallend seltener, als bei anderen Klassen von Fürsten; in Kaiserurkunden häufiger erst zu K. Rudolfs Zeiten; in andern, insbesondere fürstlichen Urkunden, wird den Fürstäbten fast nie der Fürstentitel gegeben; es gibt Aebte, deren Fürstenstand keinem Zweifel unterliegen kann, während ich sie doch in unserer Periode nie als Fürsten bezeichnet finde. Weiter überzeugen wir uns leicht, dass die späteren Standesverhältnisse der Aebte mit den frühern nicht in Einklang zu bringen sind. Diejenigen, welche noch später eine Fürstenstimme führten, sind allerdings auch früher als Fürsten nachzuweisen; aber es sind nur wenige. Eine Reihe anderer Fürstäbte, zum Theil auch später noch den Fürstentitel führend, finden wir nur auf den Prälatenbänken wieder; kann das den Gedanken nahe legen, in allen Prälaten mit Reichsstandschaft frühere Fürsten zu sehen, so ergibt sich doch wieder sehr bald, dass diese Ansicht durchaus unhaltbar sei. Eine Menge der frühern Fürstäbte war endlich auf den spätern Reichstagen gar nicht vertreten.

Können wir nun für unsere Periode wohl eine bedeutende Anzahl von Aebten als Fürsten bestimmt erweisen, während die berührten Umstände es nicht gestatten, ihre Reihe nach äussern Kennzeichen fest zu schliessen, so werden wir es von vornherein nicht unterlassen dürfen, darauf zu achten, ob die als Fürsten zu erweisenden uns etwa bestimmte Klassen von Aebten repräsentiren, und wir danach mit grösserer oder geringerer Wahrscheinlichkeit auch bei anderen auf die Stellung des Fürsten oder aber des Prälaten vermuthen dürfen.

Bei den Bischöfen hielten wir uns für diesen Zweck an den Begriff der Reichsunmittelbarkeit und fassten als Kennzeichen derselben die Belehnung mit den Regalien durch das Reich.

  1. Vgl. Lancizolle Reichsstandschaftsverh. 162.
  2. Vgl. § 110. 120.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_348.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)