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Stifts als dem Reiche zustehend betrachtet, sondern wir finden 1276 und 1350 die ausdrücklichsten königlichen Bestätigungen des Reichsfürstenstandes des Erzbischofs, freilich in Ausdrücken, welche darauf hinzudeuten scheinen, dass dieses Verhältniss früher wenig berücksichtigt sein dürfte, während es jetzt als Schirm gegen die Ansprüche des Delfin von Werth sein musste.[1] Der Erzbischof wurde noch 1432 von K. Sigismund mit den Regalien belehnt[2] und führte noch in neuerer Zeit, wo jede Beziehung zum Reiche aufgehört hatte, den Titel eines Fürsten und Grafen von Embrun.[3]

Vom Bischofe von Gap sagt 1178 der Kaiser ausdrücklich: venerabili viro ac dilecto principi nostro G. Wapincensi episcopo accepta ab ipso fidelitate et hominio omnia regalia per legitimam investituram concessimus, quae ipse et ecclesia sua ab imperio debet tenere[4], und 1184: dilecto nostro W. Vapincensi episcopo – regalia que ab imperio ipsa tenet ecclesia – nulla mediante persona possidenda; letzteres Privileg bestätigt 1238 K. Friedrich mit genauerer Angabe der Regalien.[5] Die Reichsunmittelbarkeit des Bisthums kann demnach keinem Zweifel unterliegen; wie sie verloren wurde, können wir genau nachweisen. Der Bischof, bedrängt durch die Bürger seiner Hauptstadt und seine übermächtigen Vasallen, die Delfine von Vienne, wandte sich an den Seneschall K. Karls von Anjou mit der Vorstellung: quod cum ipse et terra ecclesiae Vapincensis sint in comitatu Folcalquerii, quod deberet eum et ecclesiam Vapincensem iuvare et deffendere; dieser erklärte sich dazu bereit, wenn der Bischof sich vorher wegen seiner Temporalien zum Vasallen des Königs als Grafen von Forcalquier bekenne, wie er dazu verpflichtet sei secundum privilegium imperiale concessum per imperatorem Fredericum bonae memoriae domino Raymundo Berengario comiti Provinciae et Folcalquerii.[6] Von einem solchen Privileg ist uns nichts bekannt; es würde sich auch mit der angeführten Regalienbestätigung von 1238 nicht vereinigen lassen; und später ist es gewiss nicht gegeben, da K. Friedrich damals mit Raimund Berengar IV. verfeindet war und 1239 seinen Gegner Raimund von Toulouse ausdrücklich mit Forcalquier belehnte.[7] Das angezogene Privileg war vermuthlich lediglich ein Reichslehnbrief über die Grafschaft, wie ihn 1162 Raimund Berengar II. erhielt[8], und wie ihn auch Raimund Berengar IV. von K. Friedrich II. erhalten haben mag; in einem Falle, wo sich der Bischof selbst auf seine Angehörigkeit zur Grafschaft berief, mochte freilich auch ein solcher die königlichen Ansprüche leidlich begründen können. Unter den obwaltenden Umständen kann es jedenfalls nicht auffallen, dass der Bischof viso dicto privilegio imperiali fand, die Forderung sei conveniens et honesta et utilis sibi et successoribus suis et ecclesiae Vapincensi, und sich demnach dazu verstand,

  1. Vgl § 64 n. 9. 10. 11.
  2. Gallia chr. 3, T. 1090.
  3. Büsching 2, 457.
  4. Gallia chr. 1, 87.
  5. Huillard 5, 193.
  6. Gallia chr. 1, 87.
  7. Huillard 5, 542.
  8. Martene coll. 1, 860.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_331.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)