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Dennoch gibt es einige, allerdings sehr vereinzelte Stellen, aus welchen sich bestimmt ergibt, dass die Reichskanzlei nicht alle Bischöfe als Reichsfürsten betrachtete. In Urkunde von 1230 heisst es: Huius rei testes sunt E. venerabilis Salzburgensis archiepiscopus, S. venerabilis Ratisponensis episcopus principes; … Seccoviensis, N. Reginensis, … Mutinensis venerabiles episcopi; B. dux Karinthie princeps; R. dux Spoleti u. s. w.[1] Die ausdrückliche Bezeichnung zweier vorstehender Bischöfe, dann eines nachfolgenden Herzogs als Fürsten kann hier gar keinen Zweifel lassen, dass den zwischenstehenden Bischöfen der Fürstenstand nicht zukam. Aehnlich heisst es 1237: Testes: A. venerabilis patriarcha Antiochenus, venerabilis Wormaciensis episcopus princeps noster, N. Reginus episcopus, frater H. magister domus suncte Marie Theutonicorum, marchio de Burgave u. s. w.[2]; 1242: H. Bambergensis electus dilectus princeps noster, B. Panormitanus archiepiscopus, Reginus, Camerinensis episcopus u. s. w.[3]; 1246 werden König Konrad, die Bischöfe von Regensburg, Freising, Passau, Bamberg, die Herzoge von Meran und Kärnthen als dilecti principes vom Erzbischofe von Palermo, dem Grafen von Caserta, den Markgrafen von Montferrat und Lancia, Peter von Vinea und Thadeus von Suessa, welche dilecti fideles nostri heissen, geschieden.[4]

Dass wir in diesen Stellen den Patriarchen von Antiochien und den Erzbischof von Palermo nicht als Fürsten bezeichnet finden, kann nicht befremden; sie gehörten überhaupt nicht zum Kaiserreiche und wir finden überhaupt geistliche und weltliche Grosse des Königreichs Jerusalem, wie des Königreichs Sizilien nie Fürsten genannt. Auch bezüglich des Bischofs von Camerino mag dieses Verhältniss zweifelhaft erscheinen; dagegen gehören die von Modena und Reggio unzweifelhaft zum Reiche; und der von Seckau ist sogar ein deutscher Bischof.

Dieser Nachweis wenigstens einiger Bischöfe als Nichtfürsten wird 201 uns nur dann von Werth sein können, wenn sich uns etwa Haltpunkte bieten, sie als Vertreter bestimmter Klassen von Bischöfen aufzufassen, und bezüglich dieser den Kennzeichen des Fürstenstandes näher nachzugehen. Ein solcher Haltpunkt dürfte sich für den von Seckau darin ergeben, dass er die Investitur nicht vom Reiche, sondern vom Erzbischofe von Salzburg erhielt; ein Gedanke, welcher uns noch näher gelegt wird durch einige Nachrichten des böhmischen Chronisten Gerlach. Als 1187 der Bischof von Prag auf einem Hoftage zu Regensburg vor dem Reiche über den Herzog von Böhmen klagte, bestritt ihm dieser das Recht dazu, weil er sein Kaplan und Untergebener sei: quod dictum statim est ab omnibus contradictum, maxime ab archiepiscopis et episcopis decernentibus, quod Pragensis episcopus more Teutonicorum episcoporum ab omni subiectione ducis debeat esse liberrimus, soli tamtum imperatori subiectus, cuius imperii est princeps, cuius

  1. Huillard 3, 223.
  2. Huillard 5, 119.
  3. Ughelli 1, 556.
  4. Warnkönig 1, 95.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_299.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)