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geistlichen Stande bestimmt waren, sondern es kam nun allgemein zur Theilung der Fürstenthümer; bei allen alten Fürstenthümern, welche überhaupt getheilt wurden, fällt die erste Theilung in die Zeit des Interregnums.

Wie für die Vorstufe Brandenburg, so gab hier Baiern das entscheidende Beispiel. Bei Lebzeiten des Vaters führt nur der älteste Sohn Ludwig schon fürstliche Titel. Er erscheint urkundlich 1246 als iunior dux Bawarie[1], wird 1247 als illustris comes palatinus Rheni, dux Bawarie vom Kloster Seon zum Vogt gewählt und legt sich 1249 selbst diesen Titel bei.[2] Aber in einer für ihn ausgestellten kaiserlichen Urkunde vom J. 1250 wird er mit Vermeidung jedes Zeichens des Fürstenstandes nur als L. primogenitus ducis Bawarie, dilecti principis nostri angeführt[3], und heisst der Bruder bei Lebzeiten des Vaters nie Herzog oder Pfalzgraf, so wird neben ihm auch Ludwig nie als solcher bezeichnet, beide heissen dann nur Söhne des Herzogs. Es scheint auch, dass schon bei Lebzeiten des Vaters auch Heinrich als Nachfolger betrachtet wurde, insofern der Vater zu manchen Begierungshandlungen beide Söhne zuzog.[4] Seit dem Tode des Vaters erscheinen sie in den beiden ersten Jahren als durchaus gleichberechtigt und fertigen alle Urkunden, von welchen freilich keine die Pfalz betrifft, gemeinsam als comites palatini Rheni, duces Bawarie aus; und dass dieses Verhältniss schon früher so geregelt war, dürfte sich noch bestimmter daraus ergeben, dass nach einer kaum zu bezweifelnden Angabe des Hermann von Altaich Heinrich zur Zeit des Regierungsantrittes und der ersten auch in seinem Namen ausgestellten Urkunde in Ungarn war.[5] Im J. 1255 erfolgte dann aber die Theilung, und zwar ganz unabhängig von dem Umstande, dass zwei Fürstenthümer vorhanden waren; wohl kam die Pfalz ganz an Ludwig, aber Baiern wurde getheilt; und wenn sich Heinrich nun anfangs nur Herzog von Baiern nannte, so führte er doch schon 1258 wieder die Titel beider Fürstenthümer, wie Ludwig das immer gethan hatte. Der einmal angenommene Grundsatz eines Anspruchs aller Brüder auf gleiche Theilung blieb denn auch ferner massgebend, und zwar mit ausdrücklicher Genehmigung der Reichsgewalt. K. Rudolf bestätigte nicht allein die unter den Brüdern über die Theilung später getroffenen Abkommen, sondern verlieh auch 1281 dem Pfalzgrafen Herzog Ludwig und dessen Söhnen Ludwig und Rudolf zu gesammter Hand principatus et omnia feoda, que vel quos a celsitudine nostra et imperio tenuit mit dem ausdrücklichen Zusatze: Voluit tamen predictus princeps noster et sic etiam de ipsius consensu et beneplacito memoratam investituram valere volumus et eidem talem legem imposuimus, quod prefati principis nostri filii supradicta feoda

  1. M. B. 3, 145.
  2. Quellen u. Erört 5, 98. 103.
  3. Quellen u. Erört 5, 104.
  4. Wittelsb. Reg. S. 23. 34. Quellen u. Erört 114.
  5. Wittelsb. Reg. S. 26. 75. Quellen u. Erört. 118. 128. 132.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_285.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)