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Muster nahm; und dann wäre es nur doppelt unerklärlich, wesshalb man ihr nicht auch die richtigen Zeitdaten entnommen haben sollte. Und da mir der übrige Inhalt der Urkunde kein Bedenken erregt, so scheint mir noch immer die einfachste Annahme die, dass sie echt, im J. 1251 ausgestellt, in die uns erhaltene Abschrift aber durch ein allerdings starkes Versehen eine ganz falsche Zeitangabe gerathen sei. Sollte sie dennoch unecht sein, so würde ihre Unterschiebung wenigstens in die folgenden Dezennien zu setzen sein, da nach Philipps Tode ein Zweck der Fälschung nicht mehr vorhanden war.

In der Sonderstellung Philipps ist wohl die Erklärung zu suchen, wesshalb nach dem Tode Herzog Bernhards zu Anfang des J. 1256 nicht, wie in andern Fürstenthümern, beide Brüder den Herzogstitel führen. Denn Philipp, wenn auch nie geweiht, war doch Erwählter von Salzburg; durch Vertrag mit seinem Bruder begnügte er sich mit einer Abfindung, sich nur nach dessen kinderlosem Tode das ganze Erbe vorbehaltend.[1] Noch in demselben Jahre des Erzstifts entsetzt, behielt er doch dessen Titel bei; nur als er sich 1267 mit dem Erzbischofe verglich, durfte er sich dessen nicht bedienen, nennt sich aber nicht wie sein Bruder dux, sondern dominus Karinthie et Carniole[2], ein Titel, wie er entsprechend sonst wohl da gebraucht wurde, wo dem Besitzer eines Fürstenthumes noch eine formelle Anerkennung fehlte; so nannte sich Meinhard von Tirol 1283 vor seiner Belehnung und Erhebung zum Fürsten herre des herzentumes ze Chernden[3], wie sich Ottokar vor seiner Krönung längere Zeit dominus regni Boemiae nannte. Als sein Bruder Ulrich 1269 starb, nachdem er den Böhmenkönig zum Erben gesetzt hatte, war Philipp seit kurzem Erwählter von Aglei und suchte sich nun auch des Herzogthums zu bemächtigen. Genöthigt auf dasselbe zu Gunsten Ottokars zu verzichten, dann auch auf das Patriarchat, trat er unter K. Rudolf nochmals als vom Reiche anerkannter Herzog auf; zu Anfang des J. 1275 wird er vom Könige belehnt[4] und erscheint dann mehrfach in dessen Urkunden als Herzog, nur einmal, so weit ich sehe, als dominus Carinthie[5]; noch Anfang 1276 erklärt der König den ihm von Ottokar abgedrungenen Verzicht für nichtig[6]; nach dem Unterliegen Ottokars scheinen seine Ansprüche aber doch beseitigt zu sein, wir finden ihn nicht mehr beim Könige und Kärnthen wird als dem Reiche heimgefallen behandelt; Philipp starb 1279 zu Krems und nannte sich noch im Testamente Herzog von Kärnthen.[7]

195 Wenn in Kärnthen besondere Verhältnisse es verhindert zu haben scheinen, dass seit 1256 nicht beide Brüder als Herzoge erscheinen, so nahmen nicht allein bei den nun so häufig vorkommenden entsprechenden Fällen alle Brüder den Titel des Fürstenthums an, so weit sie nicht dem

  1. Wiener Jahrb. 108, 164.
  2. Wiener Jahrb. 108, 179. 180.
  3. Fontes r. Austr. II. 1, 213.
  4. Juvavia T. 380.
  5. M. G. 4, 406.
  6. Juvavia T. 380.
  7. Rubeis 766.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_284.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)