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Ursprunges ist; in älteren Urkunden ist er mir nicht vorgekommen. In Reichsmatrikeln erscheinen sie nicht; für eine Verbindung mit dem Reiche wäre nur anzuführen, dass sie noch im vorigen Jahrhunderte Münzen unter kaiserlichem Namen prägten.[1]

Fanden wir in Burgund wenigstens für das dreizehnte Jahrhundert 181 keine weltliche Reichsfürsten, als den Pfalzgrafen Otto, den Kaisersohn, und die Herzoge von Zähringen und Meran, welche schon zu den Fürsten des deutschen Königreichs gehörten, so ergibt sich für Italien ein ganz entsprechendes Resultat; schon frühere Erörterungen schienen darauf hinzuweisen, dass es im dreizehnten Jahrhunderte keine weltliche Reichsfürsten in Italien gab[2], und bei Prüfung der Stellung der einzelnen Grossen finden wir das durchweg bestätigt.

Den Titel eines Fürsten von Sardinien, auch von Sardinien und Korsika führte, wie wir schon bemerkten[3], Herzog Welf, welcher ohnehin zu den Reichsfürsten gehörte. Die Erhebung des Richters Bariso von Arborea zum Könige durch K. Friedrich I. hatte keine nachhaltige Verbindung mit dem Reiche zur Folge. Später nennt sich dann K. Friedrichs II. Sohn Enzio rex Turris et Gallure oder rex Sardinie, wohl durch kaiserliche Verleihung, da er sich der Formel dei et imperiali gratia bedient[4]; ob er als solcher als Reichsfürst galt, ist nicht zu entscheiden; in den wenigen Urkunden, in welchen er als Zeuge auftritt, steht er wohl allen andern, auch einem sizilischen Bischofe vor[5], aber neben deutschen Fürsten ist er nicht nachzuweisen; und ein Vorrang auch vor diesen würde sich ohnehin aus dem Königstitel genugsam erklären. Bei der immer beanspruchten und überwiegend anerkannten päpstlichen Lehnshoheit über Sardinien werden wir dasselbe kaum zum Reiche rechnen können.

Dasselbe gilt von Venedig; der Doge steht wohl in Kaiserurkunden an der Spitz der weltlichen Zeugen, wird wohl illustris genannt[6], und wurde gewiss den mächtigsten Fürsten an Rang gleichgehalten; dass aber die Reichskanzlei ihn nicht als zum Reiche gehörig betrachtete, ergibt sich schon daraus, dass der Kaiser ihn nicht als fidelis oder princeps noster, sondern als amicus oder amicissimus noster bezeichnet.[7] Nach dem Erwerbe ihrer Festlandbesitzungen beherrschte die Republik allerdings einen sehr bedeutenden Theil des Reichsbodens und 1437 wurde der Doge von K. Sigismund mit Treviso, Feltre, Belluno, Ceneda, Padua, Brescia, Bergamo und andern Festlandbesitzungen belehnt; doch ist im Lehnbriefe nicht gesagt, dass er davon Reichsfürst sein solle, die venetianische Herrschaft wird vielmehr als Reichsvikariat bezeichnet; auch bildete sich kein wirksames Abhängigkeitsverhältniss, da die Investitur nicht erneuert wurde.[8]

  1. Gebhardi 1, 234. Vgl. Büsching 2, 442.
  2. Vgl. § 103.
  3. Vgl. § 7.
  4. Reg. Enzio n. 2.
  5. Reg. Fr. n. 1139.
  6. z.B. 1220: Huillard 1, 836.
  7. 1177. 1232: Huillard 4, 316. 310.
  8. Romanin storia di Venezia 5, 484. Vgl. 4, 184.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_257.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)