Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 244.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Burggrafen Johann mit dem Bischofe von Münster und anderen westfälischen Grossen, insbesondere im J. 1376, in weitern Kreisen bekannt geworden sein mochte. Wenn aber später und zwar, wie es scheint, erst im siebenzehnten Jahrhunderte, den Erzählungen über jene Fehden hinzugefügt wird, dass der Kaiser damals die erledigte Reichsburggrafschaft dem Bischofe geliehen habe, wovon die ältesten Berichte nichts wissen[1], so ist das offenbar nur ersonnen, um das Vorkommen im Quaternio zu erklären; ja die Verschiebung und Verkennung der ursprünglichen staatsrechtlichen Verhältnisse ging so weit, dass manche die Ansicht aufstellten, die Regalien des Stifts Münster beruheten auf der Burggrafschaft Stromberg, erst durch Verleihung derselben seien die Bischöfe Reichsfürsten geworden.[2]

Diese Ansichten der Gelehrten suchte der Bischof Christoph Bernard auszubeuten, indem er sich bei der Belehnung ausdrücklich auch als einen Reichsburggrafen von Stromberg belehnen liess, dann aber 1653 beim Kaiser die Forderung stellte, dass ihm dafür eine besondere fürstliche Stimme verstattet werde, weil Stromberg eine der vier alten Burggrafschaften des Reichs sei, die Burggrafen aber unter den Fürstenstand gehörten, wie das ja auch bei Nürnberg, Magdeburg und Meissen der Fall sei; weil weiter nach Aechtung des letzten Burggrafen Kaiser Karl dem Bischofe die Burggrafschaft geliehen habe, welcher denn auch nicht allein die Burg, sondern auch das ganze dazu gehörige, manches Fürstenthum an Umfang übertreffende Territorium besitze. Kaiserlicherseits hielt man diese Beweisführung für unbedenklich und erliess ein bezügliches Kommissionsdekret; als aber Münster 1654 den Reichsabschied auch wegen Stromberg unterzeichnete, wurde doch mehrfach dagegen protestirt. Auf spätere abermalige Anregung erfolgte dann 1708 ein Schluss des fürstlichen und 1710 auch des kurfürstlichen Kollegium zu Gunsten von Münster. In diesem Stadium aber verblieb die Sache; zu einer wirklichen Introduktion ist es nicht gekommen.[3]

166 Die slavischen Grossen haben wir bei den bisherigen Untersuchungen nicht berücksichtigt. Für die Entscheidung, welche von ihnen nach äussern Kennzeichen den Reichsfürsten angehörten, ist zu beachten, dass bei ihnen der Ausdruck Princeps zur Bezeichnung des Herrschers ohne alle Beziehung auf das Reich schon früh üblich war[4]; weiter, dass wir hier den Kreis der Principes Bohemiae finden[5], ohne dass sich von vornherein bestimmen liesse, ob der böhmische Fürst schon als solcher Reichsfürst war, oder ob etwa die Stellung eines böhmischen Fürsten den Reichsfürstenstand ausschloss.

Dass der Herzog, seit 1198 König von Böhmen, zu den Reichsfürsten zählte, bedarf keines Beweises; seine Stellung vor allen weltlichen,

  1. Vgl. Ficker münst. Chr. 65. 70.
  2. Vgl. Hobbeling Beschreib. des Stifts Münster. 28. 322.
  3. Vgl. Vitr. ill. 2, 698. Moser 35, 294.
  4. Vgl. § 9-13.
  5. Vgl. § 19.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_244.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)