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kurfürstlicher Urkunde als Fürst von den Edeln geschieden.[1] Jedenfalls ergibt sich, dass nicht erst die Erwerbung des Fürstenthums Brandenburg im J. 1415 die Titeländerung herbeiführte; sie scheint hier ähnlich, wie bei Baden, durch stillschweigende Zulassung und Anerkennung erfolgt zu sein; aber die Aenderung, welche dort rasch und durchgreifend eintrat, konnte sich hier nur allmälig Bahn brechen. Das Privileg von 1363, welches sich Burggraf Friedrich noch 1407 vom Könige bestätigen liess[2], mochte das fördern, scheint aber kaum so bestimmt eingewirkt zu haben, als bei Henneberg der Fall gewesen sein dürfte.

Wenn sich die Erhebungsurkunde der Grafen von Zollern vom J. 1623[3] auf eine angebliche Erhebung des Burggrafen Eitel Friedrich durch K. Rudolf beruft und darauf, dass die Grafen von Zollern sich immer des fürstlichen Titels Hochgeboren gebraucht und von Gottes Gnaden geschrieben, später aber fürstliche Titel ausser Acht gelassen, wonach also die Erhebung nur als Restituirung des alten Fürstenstandes erscheint, so kann das bei der so oft hervortretenden dürftigen Kenntniss der ältern Reichsverfassung in der spätern Reichskanzlei nicht auffallen. Sind aber neuere Forscher geneigt, den Grafen von Zollern auch im Mittelalter eine fürstenmässige Stellung zuzusprechen[4], so ist dafür in den Quellen nicht der geringste Anhaltspunkt geboten.

163 Für die Grafen von Nassau fanden wir allerdings eine Urkunde, durch welche sie 1366 in bestimmten Ausdrücken zu Fürsten erhoben wurden.[5] Aber sie sind für die Folgezeit nicht als Fürsten zu erweisen. In fürstlichen Urkunden werden sie nur Edle genannt und behaupten keineswegs immer die Stellung vor andern Grafen[6]; 1418 leiht K. Sigismund dem edeln Adolf, Grafen von Nassau, seine Reichslehen, welche aufgezählt sind, aber ohne alle Erwähnung des Fürstenthums[7]; 1514 nennt der Kaiser den Grafen wohlgeboren, unsern und des Reichs Getreuen[8]; in den Reichsmatrikeln erscheinen alle nassauischen Linien nicht unter den Fürsten, sondern unter den Grafen; und erst 1650, 1664 und 1688 wurden sie in den Fürstenstand erhoben, wenn einzelne Linien mit Rücksicht auf jene Urkunde das auch nur als Erneuerung betrachtet wissen wollten.[9] Das alles kann uns nur in der Ansicht bestärken, dass die Urkunde untergeschoben sei.

164 Ein besonders auffallendes Beispiel dafür, wie es bei der späteren Unkenntniss über die ältern Standesverhältnisse möglich war, auf einzelne gefälschte Urkunden hin Ansprüche auf den Fürstenstand mit Glück durchzuführen, geben die Herren von Plauen als Burggrafen von Meissen. Bei dem ältern, 1426 ausgestorbenen burggräflichen

  1. Pelzel Wencesl. 2, 67.
  2. Reg. Rup. n. 2291.
  3. Lünig 10b, 435.
  4. Vgl. Abh. d. Berl. Ak. S. 39. Stillfried u. Maercker, hohenzoll. Forsch. 1, 12.
  5. Vgl. § 79.
  6. z. B. 1381–1400: Lacombl. 3, n. 855. 907. 1076. 1077.
  7. Kremer Nass. 2, 217.
  8. Lünig 10 b, 463.
  9. Moser 4, 121. 35, 178.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_240.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)