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gleichzeitiger Kaiserurkunde erscheint als Zeuge O. gefürsteter graf und herr zu Hennebergk[1]; heisst es in einer Fortsetzung der gereimten Kaiserchronik von einem Henneberger zur Zeit des Interregnums: ein gevürster grave von hoher art, so werden wir darin nur eine spätere Zurückbeziehung sehen dürfen, da die Handschrift dem fünfzehnten Jahrhunderte angehört und in der entsprechenden, wohl benutzten Stelle des Ottokar von Horneck nur vom Grafen von Henneberg die Rede ist.[2] In den Reichsmatrikeln des fünfzehnten Jahrhunderts findet sich Henneberg noch unter den Grafen, 1545 und später unter den Fürsten; die Grafschaft ist dann auch nach dem Aussterben des Hauses immer als Reichsfürstenthum betrachtet worden.

162 So wenig wie Henneberg wurden die Burggrafen von Nürnberg durch die Anerkennung als Fürstengenossen und Ertheilung fürstlicher Rechte[3] im J. 1363 zu Reichsfürsten. Da darin von einer Erneuerung alter in Vergessenheit gerathener Rechte die Rede ist, so scheinen neuere Forscher sogar nicht abgeneigt, sie schon für frühere Zeiten auf gleiche Stufe mit den Reichsfürsten zu stellen.[4] Dafür ergibt sich nun nirgends ein auch nur halbweg genügender Anhaltspunkt; denn Beispiele dass sie hie und da in Privaturkunden illustres genannt werden, dürften sich für die meisten Grafenhäuser beibringen lassen, während Prädikate und Zeugenstellung in kaiserlichen Urkunden nicht den geringsten Vorzug vor andern Grafen begründen, und es leicht wäre, eine Reihe Stellen beizubringen, in welchen die Burggrafen aufs ausdrücklichste als Nichtfürsten bezeichnet werden. Dass aber durch das Privileg von 1363 an dieser Stellung zunächst nichts geändert wurde, dass es erst nach und nach Veranlassung geworden sein mag, ihnen fürstliche Prädikate beizulegen, sie endlich als Reichsfürsten zu betrachten, leidet bei der Vollständigkeit, mit welcher uns die Urkunden des Geschlechts aus dieser Zeit vorliegen, keinen Zweifel. Denn 1363 und in den folgenden Jahren heisst der Burggraf in den Kaiserurkunden nicht allein durchweg nur edel[5] sondern er wird mehrfach unter den spectabiles aufgeführt, wo diese von den illustres bestimmt geschieden sind[6], so dass jene Anerkennung fürstlicher Rechte doch nicht einmal einen Anspruch auf die fürstlichen Prädikate begründete. Gebrauchen Fürsten, wo sie von den Burggrafen reden, dieselben Ausdrücke, wie die Reichskanzlei, so werden sie von Anderen, insbesondere den eigenen Vasallen und Unterthanen als hochgeboren bezeichnet; aber es war das nicht erst nach dem Gnadenbriefe von 1363, sondern auch schon vorher der Fall.[7] Diesem Beispiele folgt nun seit 1368 häufig auch die Reichskanzlei[8], doch so, dass in den Kaiserurkunden das Prädikat hochgeboren

  1. Lünig 9, 714.
  2. Kaiserchr. ed. Massmann 2, 576. 615.
  3. Vgl. § 78.
  4. Vgl. Abh. d. Berl. Ak. 1854. S. 374.
  5. M. Zoll. 4, 8. 16. 19. 25. 27. 33. 44. 46 u.s.w.
  6. 1364–70: M. Zoll. 4, 36. 102. 103. 109. 196.
  7. z.B. 1362: M. Zoll. 3, 457. 459. 461.
  8. 1363-77: M. Zoll. 4, 145. 152. 156. 335. 341. 342. 346. 375. 420.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_238.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)