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nach einem von ihr bewohnten Schlosse, Uta von Kalw, Gemahlin des Herzog Welf, den sie mindestens bis 1196 überlebte.[1] Die Standesverhältnisse der betreffenden Grossen werden wir mit diesen nur ausnahmsweise vorkommenden Titeln nicht in Verbindung bringen dürfen; auf die Stellung der jüngern Mitglieder der Fürstenhäuser überhaupt werden wir zurückkommen.

150 Unter den Pfalzgrafen nimmt die hervorragendste Stellung der Pfalzgraf bei Rhein ein. Da die Pfalz im Beginne unserer Periode in den Händen eines Mitgliedes des Kaiserhauses, später mit dem Herzogthume Baiern vereint war, so könnte es fraglich scheinen, ob sie an und für sich ein Reichsfürstenthum gewesen sei. Die Stellung des Pfalzgrafen Heinrich, des Welfen, lässt darüber keinen Zweifel; schon 1196 erscheint er an der Spitze einer langen Reihe von Fürsten[2] und wird auch später oft den angesehensten Reichsfürsten vorgestellt.[3] Auch Otto der Erlauchte von Baiern, welcher bis 1231 nur Pfalzgraf war, findet sich 1230 vor andern Reichsfürsten[4] und spricht gleich bei seinem Regierungsantritte von dem principatus palatie.[5]

151 Einen Pfalzgrafen von Sachsen, welcher nicht zugleich ein anderes Fürstenthum besessen hätte, finden wir nur kurze Zeit im Anfange unserer Periode. Nach Angabe der Pegauer und der Lauterberger Chronik wurde 1180 Landgraf Ludwig von Thüringen mit der Pfalz belehnt, welcher denn auch wirklich in Urkunden dieses Jahres als palatinus Saxoniae oder comes palatinus de Sumirsinburc erscheint.[6] Es wurde dann aber eine Aenderung vorgenommen; wie die Annalen von S. Peter zu Erfurt melden, wurde auf dem Tage zu Erfurt 1181 die Pfalz dem Bruder des Landgrafen, Herman, verliehen.[7] Dieser war denn, bis er 1190 auch Thüringen erhielt, nur Pfalzgraf, erscheint als solcher 1183 vor dem Markgrafen von Lausitz[8] und wurde demnach wohl als Reichsfürst betrachtet. War die Pfalz seitdem mit Thüringen vereint, so galt sie doch als besonderes Reichsfürstenthum; 1242 leiht der Kaiser: duos principatus, videlicet landgraviam Thuringiae et comitivam palatii Saxoniae.[9]

152 Dagegen treffen wir bei den Pfalzgrafen von Baiern auf keinerlei Kennzeichen des Fürstenstandes. Die Pfalzgrafen aus der jüngern wittelsbachischen Linie stehen allerdings in den wenigen Kaiserurkunden zwischen Fürsten und Magnaten; nur 1182 auch hinter dem Grafen von Flandern[10], dessen eigene Stellung freilich schwankend erscheint. Beweise, dass der Pfalzgraf nur zu den Magnaten zählte, dürften darin liegen, dass er in urkundlicher Aufzeichnung der Anhänger

  1. Stälin 2, 370.
  2. Ludew. rel. 11, 590.
  3. Reg. Ott. n. 65. 66. Fr. 284. 286. Or. Guelf. 3, 809.
  4. Reg. Henr. r. n. 223. 225.
  5. Wittelsb. Reg. 15.
  6. Lacombl. 1, n. 472. 473.
  7. M. G. 16, 25.
  8. Ludew. rel. 10, 153.
  9. Lünig 8, 177.
  10. Notizenbl. 1, 149.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_226.jpg&oldid=- (Version vom 1.10.2017)