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hinabreichende Zeugenreihe sogar schon mit dem üblichen et alii quam plures geschlossen war und dann noch ohne irgendeine Verbindung Comes Otto de Gelren hinzugefügt wird[1], welcher am Tage vorher sogleich hinter den Herzogen eingereiht erscheint.[2]

In allen frühern Vergleichungen finden wir nur einmal einen Magnaten vor einem Fürsten, nämlich 1231 zu Worms, wo überhaupt keine strenge Ordnung eingehalten erscheint, den Herzog von Limburg vor dem von Meran.[3] Bei nachlässiger Ausfertigung legten allerdings die höhern Amtstitel einzelner Magnaten ein Uebersehen des Standesunterschiedes nahe; so etwa wenn 1194 der Landgraf von Stevening vor dem von Thüringen, 1275 der Herzog von Teck vor dem Markgrafen von Meissen steht.[4] Das wäre auch zu beachten, wenn wir Grafen, bei welchen sich übrigens Kennzeichen des Fürstenstandes zeigen, dennoch zuweilen mit andern Grafen gleich behandelt sehen.

Wir haben nun schliesslich noch einen Gesichtspunkt zu besprechen, 130 welcher auf die Stellung der Zeugen einwirkte und oft alle bisher erörterten durchbrach, nämlich den Vorrang der Deutschen vor den Italienern und Burgundern.

Der Vorzug der Deutschen vor den Italienern findet sich mit sehr wenigen Ausnahmen streng beobachtet, kann sich aber in verschiedener Weise geltend machen.

Es gibt einzelne Urkunden, in welchen dieser Gesichtspunkt so sehr alle andern überwiegt, dass die deutschen Zeugen bis einschliesslich Grafen, Edle und Reichsministerialen vorangehen, dann erst die italienischen mit den Bischöfen beginnend folgen.[5] Ein Beispiel fanden wir schon 1220 auf dem Römerzuge.[6] So steht auch 1195 des Kaisers Bruder Philipp zwar hinter deutschen Bischöfen, aber vor den Erzbischöfen von Ravenna und Capua.[7]

In andern ist die Anordnung so, dass alle deutsche Geistliche den italienischen Geistlichen vorgehen, und dann erst die deutschen und italienischen weltlichen Grossen folgen. Im J. 1162 und 1177 finden wir demnach nicht allein die Aebte von Reichenau und Hersfeld, sondern auch den Protonotar, selbst einfache Notare, italienischen Bischöfen vorgestellt[8]; im dreizehnten Jahrhunderte ist das nur von Aebten nachzuweisen, welche auch sonst als Fürsten erscheinen, nämlich denen von Selz, S. Gallen, Murbach und Reichenau.[9]

Die bei weitem gewöhnlichste Anordnung ist jedoch die, dass auf die einzelnen Klassen deutscher Zeugen unmittelbar die italienischen gleichen Ranges folgen, Erzbischöfe auf Erzbischöfe, Bischöfe auf

  1. Lacombl. 4, n. 622 Anm.
  2. Quix 39.
  3. Vgl. § 116 n. 8.
  4. M. B. 30, 452. Reg. Rud. n. 203.
  5. 1154: Eichhorn 52. Reg. Fr. n. 379. 1099.
  6. Vgl. § 116 n. 7.
  7. Huillard 2, 194.
  8. Huillard 2, 662. Muratori ant. It. 1, 734. 5, 1050.
  9. Reg. Fr. n. 136. 264. 293. Huillard 1, 842.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_211.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2016)