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Grafen von Anhalt zwar allen Magnaten, selbst dem Markgrafen von Baden vorgestellt, aber keinem anwesenden erwiesenen Fürsten.

Dieser Umstand wird allerdings dann, wenn Personen nur vereinzelt als Zeugen vorkommen, eine sichere Entscheidung unmöglich machen; wo sie öfter vorkommen, werden wir aber doch darauf rechnen dürfen, eine hinreichende Anzahl von Stellen zu finden, in welchen sie entweder vor erwiesenen Fürsten, oder hinter erwiesenen Magnaten stehen, selbst wenn wir uns im letztern Falle auf die Grafen beschränken und von Magnaten, welche einen höhern Titel führen, absehen wollen.

Denn die Stellung innerhalb beider Klassen ist eine sehr wechselnde und es dürfte hier noch schwerer sein, als bei den Geistlichen, bestimmte Gesichtspunkte der Anordnung aufzufinden. Halten wir uns an unsere frühern Vergleichungen, so ergibt für die weltlichen Fürsten nur der Tag von Ravenna 1231 eine ganz feste Ordnung, nämlich Sachsen, Meran, Kärnthen, Thüringen; dass hier nicht, wie Gemeiner vermuthete, der Regierungsantritt entschied, ergibt sich daraus, dass jener so bestimmt hervortretenden Folge die Jahre 1212, 1204, 1202, 1227 entsprechen würden. Zu Frankfurt 1220 und zu Wien 1237 steht Baiern immer vor, während dort Thüringen und Brabant, hier Kärnthen und Thüringen wechseln. Aehnliches ergibt sich für die Reihe der 1230 zu Foggia und S. Germano ausgestellten Urkunden; Oesterreich geht immer vor, während Kärnthen und Meran wechseln, doch so, dass Kärnthen in fünf, Meran nur in zwei Urkunden den Vorrang behauptet.[1] Daraus lässt sich wohl ein Vorrang von Sachsen, Baiern, Oesterreich vor den mit ihnen zusammengenannten Fürsten entnehmen, nicht aber was hier überhaupt massgebend war, wesshalb der 1231 sich bestimmt ergebende Vorrang von Meran für Kärnthen 1230 nicht beobachtet wurde. Feste Regeln gab es hier gewiss; aber nur sehr umfangreichen Vergleichungen dürfte es gelingen, sie ausfindig zu machen. Bei der Ordnung der Magnaten scheinen am wenigsten feste Regeln befolgt zu sein.

Die Scheidung aber zwischen weltlichen Fürsten und Magnaten scheint die Reichskanzlei durchweg genau beobachtet zu haben; obwohl in den meisten Zeugenreihen beide unmittelbar neben einander vorkommen, finden wir doch nur wenige Fälle, in denen Grosse, welche anderweitig als Magnaten zu erweisen sind, Fürsten vorgestellt wären. So finden wir 1216 den Grafen von Dietz vor dem Herzoge von Meran[2], den Grafen von Schauenburg vor dem Markgrafen von Meissen[3]; 1219 die Herzoge von Schwaben und Lothringen hinter einer ganzen Reihe von Grafen und Edeln.[4] So auffallende Fälle, wie der letzte, sind wohl nur daraus zu erklären, dass man einzelne Zeugen vergass, diese aber weder übergehen, noch die Urkunde umschreiben mochte. Unzweifelhaft ergibt das eine Kaiserurkunde von 1194, wo die bis auf Ministerialen

  1. Huillard 3, 180-213.
  2. M. G. 4, 228.
  3. Reg. Fr. n. 183.
  4. Reg. Fr. n. 300.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_210.jpg&oldid=- (Version vom 6.5.2018)