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Auch der Ausdruck Principes et nobiles, welcher der alten Scheidung der Zeugenklassen in den Kaiserurkunden entspricht, war schon früher mehrfach nachzuweisen[1] und wird auch ferner, obwohl nicht gerade häufig, in derselben Weise gebraucht.[2] Dagegen scheint der entsprechende Ausdruck Principes et liberi nicht üblich gewesen zu sein; wir finden überhaupt den Ausdruck Liberi statt des anscheinend früher in den Kaiserurkunden ganz gleichbedeutenden Nobiles nur selten mehr gebraucht.

95Ein bisher noch nicht beachteter Ausdruck, Principes et curia, reicht ebenfalls bis in die Zeiten des ältern Fürstenstandes zurück. So heisst es 1136: iudicio principum et curie nostre; 1140: communi principum nostrorum et generalis curiae nostrae, quae Leodii celebrabatur, consilio; 1153: ab innumeris principibus et tota curia Coloniae iudicatum est[3]; in ähnlicher Weise wird der Ausdruck denn auch später sehr häufig gebraucht.[4] Die Bedeutung des Wortes Curia in dieser Verbindung scheint eine verschiedene zu sein. In manchen Stellen, so in der angeführten vom J. 1140, ist darunter unzweifelhaft die Gesammtheit der auf einem Hoftage Anwesenden, aus welcher die Fürsten ehrenhalber noch besonders hervorgehoben werden, zu verstehen, also insbesondere Edelherren und Reichsdienstmannen; der Ausdruck ist dann kaum weniger umfassend, als der entsprechende Principes et fideles. Heisst es aber etwa 1181: per curiae nostrae sententiam consensu principum approbatam oder 1179: in nostra presentia et curie nostre, principumque et aliorum nobilium[5], so wird die Bedeutung eine andere sein müssen; wir haben entweder an den stehenden Reichshofrath, oder an das für den einzelnen Fall bestellte Reichsgericht zu denken. Auf beide werden wir zurückkommen; für den nächsten Zweck ist es nicht nöthig, den Ausdruck weiter zu verfolgen, da er in keinem Falle eine den Fürsten untergeordnete und von ihnen geschiedene Klasse von Grossen bezeichnet; schon der mehrfach vorkommende Ausdruck Principes et nobiles curiae[6] deutet darauf hin, dass er Mitglieder verschiedener Stände umfasst. Auf dieselbe Linie werden die in ähnlichen Wendungen zuweilen gebrauchten Ausdrücke Principes et prudentes[7] und Principes et sapientes[8] zu stellen sein, wobei in den meisten Fällen an den Reichshofrath zu denken sein wird; wesshalb man es für angemessen hielt, gerade diesen neben den Fürsten ausdrücklich zu erwähnen, werden wir später erörtern.

  1. Vgl. § 37.
  2. 1182: M. B. 29, 446. 1183. 95 u. s. w.: M. G. 4, 166. 179. 195. 233. 366. 1221: Lacombl. 2, n. 92.
  3. M. B. 22. 170. Miraeus 1, 688. Or. Guelf. 3, 430.
  4. 1170. 71. 79: Scheidt 561. Miraeus 1, 188. Lacombl. 1, n. 468. 1181. 82. 83. 85. 89: Or. Guelf. 3, 526. Ughelli 5, 600. 1, 1442. Zeerleder 1, 127. M. B. 6, 500. 1190: Trouillat 1, 420. 1207: M. Patr. 1, 1138. 1214. 15. 16: M. G. 4, 225. M. B. 30, 36. 31, 493.
  5. Or. Guelf. 3, 526. Lacombl. 1, n. 468.
  6. 1182. 88: M. B. 29, 446. M. G. 4, 179.
  7. 1151. 79. 84. 88: C. Wibald. ep. 306. Ludw. rel. 10, 148. Ungedr. Lünig 18, 33
  8. 1159. 70: Lindenbrog 1, 163. M. G. 4, 141.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_161.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)