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legitimos in perpetuum – illustramus, honoramus, libertamus, exaltamus et illustres principes comites creamus, ordinamus et facimus, ut videlicet principes comites existatis et in collegio principum comitum, qui vulgari theutonico gefürstete grafen dicuntur, in antea computemini, nec non omnibus et singulis privilegiis, honoribus, libertatibus, exemptionibus, gratiis et indultis gaudeatis expresse, quibus illustres principes comites sacri imperii freti sunt hactenus u. s. w.; ein Mainzer Willebrief ist ganz in derselben Form abgefasst.[1]

Hier müsste allerdings nicht lediglich eine Verleihung fürstlicher Rechte, sondern eine wirkliche Erhebung zum Fürsten mit Beibehaltung des Grafentitels, wie bei Savoyen, vorliegen; es wird dem Grafen der Titel eines Fürsten gegeben, es wird mit ähnlichen Ausdrücken, wie sie bei anderen Erhebungen üblich waren, gesagt, dass er zum Fürstgrafen erhoben werde: Aber die Urkunde ist im höchsten Grade verdächtig. Von einem collegium principum comitum in jener Zeit ist uns nichts bekannt; da sich für jene Zeit nur zwei Grafen erweisen lassen werden, welche zugleich Fürsten waren, Anhalt nämlich und Savoyen, während Geldern, auch bei Annahme der Rechtskräftigkeit seiner ersten Erhebung, schon lange Herzog war[2], so würde nach dem bekannten Grundsatze über die geringste Zahl der Mitglieder eines Kollegium dasselbe sich überhaupt erst durch Zutritt des Grafen von Nassau als drittem in notdürftigster Form dargestellt haben. Entscheidend wird der spätere Nachweis sein, dass die Grafen von Nassau auch nach 1366 nicht als Fürsten betrachtet wurden; das Diplom wird ohne Zweifel untergeschoben worden sein, als 1653 Nassau Hadamar zum Fürsten erhoben wurde und Nassau Saarbrück eben auf Grund jener Urkunde dagegen protestirte.[3]

Auffallend ist weiter die abweichende Form der Willebriefe von Böhmen, Trier, Pfalz und Sachsen; sie sind deutsch abgefasst und es wird darin eingewilligt, dass der Kaiser: dem hochgebornen fürsten Herrn Johann graven zu Nassau, unsern lieben neven und seinen erben fürstenrecht und freiheit gnädiglich gegeben und verschrieben hat.[4] Von einer Erhebung zum Fürsten ist dabei gar nicht die Rede und mit Ausnahme des Titels hochgeborner fürst würden diese Willebriefe ganz unverdächtig sein, wenn wir annehmen, es seien damals dem Grafen von Nassau in ähnlicher Weise, wie kurz vorher dem Burggrafen von Nürnberg fürstliche Rechte zugesprochen. Ohne dass mir die Mittel zu genauerer Prüfung zur Hand wären, liesse sich vielleicht vermuthen, dass eine solche Verleihung damals wirklich erfolgt und auf Grund derselben später eine Fälschung vorgenommen sei.

Gaben uns Savoyen und Geldern auch Beispiele, dass man den 80 Grafentitel nicht gerade für unvereinbar mit dem Fürstenstande hielt,

  1. Lünig 10 b, 458.
  2. Vgl. § 77.
  3. Lünig 10 b, 483.
  4. l. c. 458.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)