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in nostram principem recipimus et in numero principum collocamus. [1] Und 1307 erhebt K. Albrecht auf Bitte des Herzogs Theobald von Lothringen die Clementia von Oseler, Aebtissin von Remiremont zu seiner Fürstin and reiht sie in die Zahl der Fürsten, indem er ihr zugleich ihre Regalien überschickt.[2]

In diesen und ähnlichen Stellen ist nun unzweifelhaft von einer Erhebung zu Reichsfürsten die Rede. Irrig aber hat man sie vielfach dahin verstanden, als seien die frühern Aebte von S. Gallen u.s.w. nicht Reichsfürsten gewesen, die Abtei damals zuerst Reichsfürstenthum geworden; wäre das richtig, so müssten, da der Abt von S. Gallen unzweifelhaft schon dem älteren Reichsfürstenstande angehörte, inzwischen auffallende Aenderungen in der Stellung der Aebte eingetreten sein. Aber man überzeugt sich leicht, dass die Ausdrücke sich nicht auf die Abtei, sondern lediglich auf den neuen Abt persönlich beziehen, welcher allerdings erst durch die Belehnung mit den Regalien zum Fürsten wurde; betreffs Einsiedelns sagt der König ausdrücklich, dass schon seine Vorfahren bestimmt hätten, dass jeder Abt des Klosters Fürst sei; und bei Remiremont, welches schon in viel früherer Zeit als reichsunmittelbar nachzuweisen ist[3] und demnach wohl von jeher als Fürstenthum galt, deutet schon die Wiederholung der Erhebungsformel darauf, dass sie sich nur auf die Person der jedesmaligen Aebtissin bezieht. Entsprechende Ausdrücke finden sich denn auch wohl in den Lehnbriefen für einzelne Bischöfe; so in allgemeiner Formel aus der Zeit K. Rudolfs: Mittimus tibi – regalia feoda tua – clarescereque te facimus in caterva principum sicut fidelem nostrum nostrique imperii principem apicibus et culmine principatus.[4]

Diese Stellen, wie wir sie entsprechend im zwölften Jahrhunderte niemals finden, zeigen uns nun allerdings, wie man jetzt grösseres Gewicht darauf legte, dass der Gewählte nicht bloss Abt, sondern damit zugleich auch Reichsfürst wurde. Dagegen finden wir kein älteres Beispiel, dass eine Abtei ausdrücklich zum Reichsfürstenthume erhoben worden wäre; denn auch die Angaben, dass die Aebtissin von Seckingen 1307 durch K. Albrecht[5], die von Buchau durch K. Karl[6] in den Fürstenstand erhoben seien, beruhen allem Anscheine nach nur auf einem Missverstehen der bezüglichen Urkunden. Erst das achtzehnte Jahrhundert gibt uns Beispiele; es wurden 1700 die Aebtissin in der Neustadt Prag, 1701 der Abt von Muri, 1731 der von S. Emmeran, 1746 der von S. Blasien und der von Ochsenhausen zu Fürsten erhoben.[7]

  1. Reg. Rud. n. 1058. Ungedr., die betreffende Stelle bei Ducange ad v. princeps.
  2. Reg. Alb. n. 566; ungedr.
  3. 1114: Calmet 1, 533.
  4. Bodmann c. ep. 150.
  5. Gebhardi 1, 293. Vgl. Reg. Albr. n. 610.
  6. Gebhardi 1, 289. Moser 36, 444. Vgl. Büsching 3, 1446.
  7. Gebhardi 1, 291. 293. Moser 4, 122. 36, 494.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)