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Zütphen, Kleve, Berg und Geldern, dann erst vier Pröbste.[1] Dieser Umstand ist gerade hier am so beachtenswerther, als einmal selbst alle Grafen den Pröbsten vorgestellt sind, ihnen nur Edle oder Ministerialen folgen, dann aber an der Spitze der Pröbste des Königs Halbbruder als Conradus frater noster praepositus Trajectensis steht, der spätere Bischof von Passau und Erzbischof von Salzburg. Ebenso geht 1156 der Abt von Fulda den mächtigern weltlichen Fürsten voran, während der Domprobst von Würzburg mit zwei andern Pröbsten ihnen folgt; 1177 folgen auf die Bischöfe zunächst der Markgraf von Lausitz und die Grafen von Holland und Dietz, dann erst der Domprobst von Bamberg mit zwei andern Pröbsten.[2]

Nehmen wir hinzu, dass auch im dreizehnten Jahrhunderte, wo sich alle diese Verhältnisse schärfer herausstellen, kein Probst als Fürst nachzuweisen ist, so dürfen wir wohl schliessen, dass auch den angesehenern Pröbsten im allgemeinen kein Fürstenrang zustand.

Dagegen wurde wohl der Reichskanzler ganz abgesehen von 46 seiner höhern oder niedern geistlichen Würde den Reichsfürsten zugezählt; seine Stellung im Reiche war eine so hervorragende, dass, wenn wir auf die blosse Wortbedeutung sehen, wenige grössere Ansprüche darauf hatten, zu den Principes zu zählen. Der Fürstabt Wibald schreibt 1151 dem Kanzler Arnold über ihre bevorstehende Gesandtschaftsreise: Quod vero scripsistis nobis, quod nos soli ad hanc legationem sufficeremus et vos loco comitis in eadem legatione constitutum reputastis, non ita erit, sed vos in hac legatione maior et dignus estis, quia vel Coloniensis vel Moguntinus, quia claves regni vos habetis et summam consilii in regno vos regere debetis.[3] Freilich könnte man darin eine Hindeutung auf die bevorstehende Erhebung zum Erzbischofe sehen, und die Gewichtigkeit einer Stellang wird nicht gerade zugleich den Rang bestimmen. Doch finden wir 1111 den Kanzler Albert, 1175 und 1177 Gottfrid unter den Fürsten genannt[4], freilich, nicht gerade in bevorzugter Stellung, wie auch in einer Urkunde von 1122 der Kanzler den weltlichen Fürsten nachgestellt ist.[5] Bestimmter schon dürften für den Fürstenrang des Kanzlers mehrere Kaiserurkunden von 1152 sprechen, in denen wir dem Ausdrucke: intercedente charissimo cancellario nostro Arnoldo aliisque principalibus regni principibus oder petitione carissimi cancellarii nostri A. et aliorum plurium principum[6] begegnen. Entscheidend möchte es dann aber sein, wenn der Kaiser 1159 sagt: Intervenientibus honorabilibus principibus nostris H. venerabili Verdensium episcopo necnon dilecto nostro Raynaldo cancellario[7] und 1164: mediante et auctore dilecto et illustri principe

  1. Mieris 1, 97.
  2. M. B. 29, 325. 427.
  3. C. Wibald ep. 265.
  4. M. G. 4, 66. 68. 146. 159.
  5. Würdtwein n. s. 7. 50.
  6. Or. Guelf. 2, 572. Muratori ant. 5, 211. 6, 322. M. Patr. 2, 277. Ughelli 4, 780. Lünig 18, 121. Aehnlich 1177: Pez c. d. 1, 414.
  7. Ughelli 2, 627.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_099.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)