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1172 heisst es: Ex principibus testis est U. comes de Berge; ex nobilibus vero E. de Hagenowe u. s. w.; ex ministerialibus vero u. s. w.[1] Es scheint nach allem, dass man in Sachsen im zwölften Jahrhunderte grösseres Gewicht auf die Scheidung von Fürsten und Edeln legte, als in Baiern, ja, als in der Reichskanzlei selbst.

Kann es nach den angegebenen Stellen auch keinem Zweifel unterliegen,38 dass die Reichskanzlei im zwölften Jahrhunderte den Fürsten von dem einfachen Edeln unterschied, so möchte sich doch, so manchen Stellen gegenüber, in welchen man den Unterschied ausser Acht liess, vermuthen lassen, es habe sich dabei in dieser Zeit nur um bedeutungslose Titulaturen gehandelt, ohne weitere staatsrechtliche Wirkungen.

Manche Beweise für das Gegentheil wird uns die Erörterung der Vorrechte der Fürsten geben können; um von vornherein festeren Boden zu gewinnen halten wir uns zunächst an die gesetzlichen Strafbestimmungen, welche in ihrer Abstufung nach Ständen überall das sicherste Mittel sein dürften, rechtlich feststehende Standesunterschiede zu erweisen.

Im Kölner Gottesfrieden von 1083 und in dem wörtlich gleichlautenden von K. Heinrich 1085 verkündeten heisst es in Bezug auf das Gerüste: Qui vero absque inevitabili necessitate se subtraxerit, si principum terrae aliquis est decem libras, si nobilis quinque, si liber aut ministerialis duas, ei servus aut lito quinque solidos persolvat aut cutem et capillos perdat.[2] Danach kann es wohl nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass mindestens zu Ende des eilften Jahrhunderts das Wort Principes nicht lediglich die Grossen in beliebiger Ausdehnung nach dem ursprünglichen Wortsinne bezeichnete, sondern in bestimmt begränzter staatsrechtlicher Bedeutung gebraucht wurde; soll sich die Strafe danach bestimmen, ob jemand zu den Fürsten oder nur zu den Edeln gehört, so muss die Abgränzung beider gesetzlich feststehen.

Dasselbe Verhältniss der Strafe, wonach der Fürst den doppelten Satz des Edeln zahlt, zeigt sich noch in Urkunde K. Friedrichs I. von 1182 über die Freiheit der Brücke zu Regensburg, in welcher es heisst: Si vero contra sanctionem nostram aliquis sordido munere vel nova exactione pontem et eius spacium predictum vexare voluerit, placuit nostrae spectabilitati, ut illius usurpationis contumelia hoc ordine depellatur, ut si princeps fuerit et ammonitus resipiscere noluerit, ad decem librarum auri quantitatem puniatur, si vero principatum non habuerit, ad estimationem quinque librarum auri mulcta ei imponatur.[3]

Bedeutender noch, mit zehnfachem Satze, tritt der Fürst allen anderen vor in der Angabe des Otto von Freising: Est enim lex curiae,

  1. M. B. 28b, 251.
  2. M. G. 4, 59.
  3. M. B. 29, 447.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)