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Herzog Bernhard von Sachsen 1181 eine Schenkung an das Kloster Obernkirchen principatus nostri ducatusque auctoritate[1]; sagt 1199 der Rheinpfalzgraf: Ad hoc nos ad principatus nostri officium credimus esse promotos[2], 1197 Hermann, der Landgraf von Thüringen und Pfalzgraf von Sachsen: frater noster et in principatu provincialis comicie antecessor[3], and derselbe 1199 in einem Privileg für Ichtershausen: ecclesiis infra principatuum nostrorum terminos constitutis[4], wo wir zuerst bestimmt die Beziehung auf das fürstliche Gebiet finden: so ist es immerhin möglich, dass man beim Gebrauche des Wortes zunächst den Reichsfürsten im Auge hatte.

Es wird aber kaum zu bezweifeln sein, dass hier auch eine andere Auffassung eingriff. Unzweifelhaft hat der Gebrauch, den einzelnen Grossen als Princeps zu bezeichnen, seinen Ausgangspunkt in den Principes regni. Aber in einer Zeit, wo der Blick der Fürsten sich schon mehr nach unten, als nach oben wandte, mochte man gar leicht, nachdem der Ausdruck einmal allgemein üblich geworden war, die Beziehung desselben auf das Ganze vergessen, unter dem Princeps vielfach weniger den Princeps regni, als den Princeps terrae verstehen, zumal ja die Bedeutung des Wortes das an und für sich zuliess, und das in manchen Gegenden schon früher üblich gewesen war; nur freilich, dass der Ausgangspunkt jedenfalls in so weit nachwirkte, dass man auch in Beziehung auf den untergeordneten Kreis nur denjenigen Princeps nannte, welcher zu den Reichsfürsten gehörte.

Von dieser Anschauung ausgehend konnte man freilich vom Principatus als der fürstlichen Gewalt über ein Gebiet oder als dem fürstlichen Gebiete selbst nur da reden, wo ein Grosser in einem geschlossenen Gebiete der einzige Reichsfürst war. So haben wir allerdings um den Beginn des dreizehnten Jahrhunderts etwa das Herzogthum Baiern als ein geschlossenes Gebiet zu betrachten, in welchem zwar die herzogliche Gewalt überall dem Herzoge zustand, auf welches sich sein Reichsfürstenamt bezog; dieses Gebiet würde aber kaum als Principatus bezeichnet werden können; ausser dem Herzoge umfasste es mehrere geistliche Reichsfürsten, deren Verbindung mit dem Herzogthume noch nicht völlig gelöst war; erst als diese Lösung, wie wir im einzelnen später verfolgen werden, vollzogen war, können wir den Herzog als Landesfürsten des Herzogthums bezeichnen, neben welchem aber inzwischen im Bereiche des alten herzoglichen Fürstenamtes sich mehrere geistliche Landesfürstenthümer gebildet hatten. Wo der Ausdruck Principatus bestimmt in territorialer Beziehung vorkommt, will ich freilich die Möglichkeit nicht bestreiten, dass er auch den Sprengel, auf welchen sich das Reichsfürstenamt bezog, bezeichnen könne, ganz abgesehen davon, ob derselbe noch andere Reichsfürsten in sich schloss; aber es scheint mir doch, dass diesem Gebrauche des Ausdrucks überall

  1. Spilcker l, 186.
  2. Or. Guelf. 3, 621.
  3. Schumacher Nachr. 6, 51.
  4. Ungedruckt
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_084.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)