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wir nie einen geistlichen Grossen als Princeps seines Gebietes bezeichnet; für diese würden wir jedenfalls zur Erklärung des Ausdruckes auf die Principes regni hingewiesen sein.

29 Dem ursprünglichen Wortsinne nach konnte allerdings nur der König oder Kaiser als Princeps regni oder imperii bezeichnet werden. Die andern, mit Principes regni gleichbedeutend gebrauchten Ausdrücke waren sogar singularisch kaum in Gebrauch, wenn wir von der hierarchischen Bedeutung des Primas absehen. Für Optimas finden sich nur einige Beispiele ausserhalb des Reiches.[1] Was das Reich betrifft, so finden wir in Kaiserurkunde von 1131 einen Ludovicum primorem' Trevirorum[2], welcher in derselben Urkunde als erzbischöflicher Dienstmann und Palatii custos, sonst auch als Praefectus urbis erscheint; in Urkunde des Bischofs von Avignon 916: Hugone clarissimo procere, des Markgrafen von Este 1196: de feudo quondam Gulielmi illustrissimi proceris[3]; um 1130: Suda quidam primas et civis Olomucensis civitatis.[4] K. Friedrich gedenkt 1240 eines sizilischen Grossen als proceris aule nostre.[5]

Daher finden wir denn auch in der früheren Zeit die Grossen immer nur in der Mehrzahl als Principes oder Proceres regni bezeichnet Sollten dieselben Ausdrücke für den einzelnen Reichsfürsten angewandt werden, was freilich nur selten geschah, so hätten strenggenommen nur Wendungen gebraucht werden dürfen, durch welche er als zu der Gesammtzahl der Reichsfürsten gehörig bezeichnet wurde. Hie und da finden wir das auch wohl beachtet; so heisst es 879: cuidam ex primatibus nostris; 1160: unus ex regni principibus[6]; 1142 nennt sich der Markgraf von Meissen selbst: unus dei gratia principum Saxoniae.[7] Es muss sogar dem strengen Wortsinne entsprechender erscheinen, wenn man da, wo zwar eine Mehrzahl von Fürsten, aber doch nicht die Gesammtheit derselben zu bezeichnen war, diese mehrfach unter Ausdrücken wie: ex numero principum[8], ex principibus[9] oder de optimatibus regni[10] zusammenfasste; es ist aber erklärlich, wenn man das regelmässig nicht beachtete.

Bis man vom Begriffe des Reichsfürsten ausgehend auch den einzelnen Grossen als Princeps bezeichnete, musste der Gebrauch des Ausdruckes Principes regni schon so geläufig geworden sein, dass man den strengen Wortsinn nicht mehr beachtete. Damit stimmt denn, dass in Urkunden die Bezeichnung nicht über das zwölfte Jahrhundert zurückzugehen scheint. Und zwar scheint sich nach den oben angeführten Beispielen der Gebrauch so entwickelt zu haben, dass zuerst in fürstlichen

Urkunden anderen Grossen, welche zu den Reichsfürsten gehörten,

  1. Vgl. Ducange ad v. Optimas.
  2. Tolner 39.
  3. Gallia chr. 1, 138. Lünig c. d. It. 1, 1554.
  4. C. d. Morav. 5, 217.
  5. Huillard 5, 650.
  6. Ried 1, 48. M. B. 3, 450.
  7. Lünig 18, 274.
  8. Gerbert Rud. 154.
  9. 1096: Schaten 2, 444. 1128: Böhmer c. d. 13. 1179: M. B. 28b, 122.
  10. 1129. 32: Lacombl. 1, n. 304. 313.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_080.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)